Programm
Ort der Veranstaltungen: Die Vorträge finden im Max Born-Hörsaal im Gebäude der Fakultät für Physik (Friedrich-Hund-Platz 1, Nordbereich der Universität) statt.
Beginn: jeweils samstags 11.15 Uhr
»Mechanik mit Quanten: Elektronik auf der Nanoskala«
Prof. Dr. Rainer G. Ulbrich
Zwei grundlegende Bausteine der modernen Elektronik – Quantenmechanik und Festkörperphysik – gehen auf das Wirken der Göttinger Physik in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts zurück. Wir folgen ihrer Entwicklung von den Anfängen bis zum heutigen Verständnis fester Materie auf atomarer Skala. Die »Mechanik mit Quanten« ist jetzt im Labor greifbar: Transistoren mit einem Elektron, Magnetspeicher mit einem Spin, mechanische Oszillatoren und Lichtquellen mit einzelnen Schwingungsquanten nutzen elementare quantenmechanische Prozesse in Festkörpern. Die neuartigen Elemente sind viel kleiner als ihre »klassischen« Vorläufer und funktionieren im Prinzip »ideal«. Werden sie aber die Informationstechnologie der absehbaren Zukunft prägen? Oder sind Grenzen erkennbar, die der massiven Integration solcher Bausteine in konventioneller Architektur gesetzt sind? Die Natur ist in der Evolution einen ganz anderen Weg gegangen und hat bei allen Lebensprozessen ausschließlich auf selbstorganisiertes Wachstum mit ionengestütztem Atomtransport gesetzt. Nur in Umrissen ist zu erkennen, wie das biologische Vorbild die heutige, auf Lithographie, Elektronen und Licht basierende Informationstechnologie verändern wird.
»Schwimmen auf der Mikrometer-Skala – ein Leben ohne Trägheitskräfte«
Prof. Dr. Sarah Köster
Mikroorganismen wie beispielsweise Bakterien leben in einer erstaunlichen Welt: Wasser verhält sich dort in etwa so zähflüssig wie für uns Honig oder Sirup. Uns wohl bekannte Strategien zur Fortbewegung in Flüssigkeiten sind daher völlig nutzlos; Schwimmen durch Beschleunigen von Wassermassen funktioniert nicht ohne weiteres. Die Natur bedient sich deshalb anderer raffinierter Techniken. Der Grund dafür liegt in der so genannten Reynoldszahl, dem Verhältnis zwischen Trägheitskräften und innerer Reibung der Flüssigkeiten. Überwiegen die Trägheitskräfte um ein Vielfaches, wie wir es im Alltag gewöhnt sind, so sind Strömungen von Flüssigkeiten in der Regel turbulent. Eine Zunahme der inneren Reibung führt dagegen zu laminaren, sich nicht vermischenden Strömungen. Neben der aktiven Bewegung spielt auf kleinen Längenskalen Wärmebewegung eine große Rolle. In Experimenten werden laminare Strömungen, die sehr genau kontrolliert und berechnet werden können, genutzt, um definierte experimentelle Bedingungen zu etablieren. Beispielsweise können Zellen in Strömungsfeldern oder die Wirkung von Chemikalien auf biologische Systeme untersucht werden. Anhand von Modell-Experimenten wird die grundlegende Physik des Schwimmens auf kleiner Längenskala veranschaulicht und es werden Beispiele aus der aktuellen Forschung vorgestellt.
»Ein Blick auf den Urknall und darüber hinaus«
Prof. Dr. Jens Niemeyer
Die Kosmologie, die Wissenschaft von Aufbau und Geschichte unseres Universums, hat sich im vergangenen Jahrzehnt rasant entwickelt. Jetzt können Fragen zur Zusammensetzung und zum Alter des Universums glaubwürdig beantwortet werden. Ein überraschendes Ergebnis ist: es besteht größtenteils aus einer unverstandenen Form der Energie, die vermutlich nicht ohne tief greifenden Wandel unseres Verständnisses der Naturkräfte erklärt werden kann. Enorme Fortschritte der Astronomie führten zu einer eindrucksvollen Bestätigung des kosmologischen Standardmodells und zu Hinweisen auf eine »Inflation«, die dem eigentlichen Urknall voranging. Folglich wäre unser Urknall nur einer von unendlich vielen, die in anderen Teilen des Universums stattfinden.