2016 - Shimon Gesundheit: »Sie ist nicht im Himmel« (Dtn 30,14)
Die zehnte Julius-Wellhausen-Vorlesung fand am 4. November 2016 im Adam-von-Trott-Saal im Veranstaltungshaus Alte Mensa statt. Es sprach Prof. Dr. Shimon Gesundheit, Hebrew University Jerusalem.
Der Vortrag handelte von dem deutschen liberalen Rabbiner Benno Jacob, der nicht nur einer der bedeutendsten jüdischen Gelehrten und Bibelausleger des 19. Jahrhunderts war, sondern auch für einige Jahre in Göttingen Rabbiner an der hiesigen Synagoge war, bevor er in die große Gemeinde von Dortmund berufen wurde. In Göttingen lebte er gewissermaßen Haus an Haus mit Namensgeber der Julius-Wellhausen-Vorlesung, doch, soweit wir wissen, ohne ihn je getroffen zu haben. Und doch steht er in seinen Kommentaren in permanentem kritischem Dialog mit Wellhausen.
Der Vortrag führte anhand der Person und des Werkes von Benno Jacob in die Komplexität der rabbinischen Hermeneutik ein, die Jacob in seinen veröffentlichten und unveröffentlichten Werken für die Bibelexegese auf höchstem wissenschaftlichen Niveau fruchtbar gemacht hat. Diese Hermeneutik ist einerseits bemüht, im biblischen Text das geoffenbarte Wort Gottes zu erschließen, und bedient sich andererseits dennoch bewusst einer sehr kreativen und innovativen Exegese. Diese komplexe theologische Herangehensweise thematisiert der Midrasch, eine erzählende Gattung der rabbinischen Schriftexegese, in Form von fiktiven tiefgründigen Geschichten, die mit Humor und Selbstironie erzählt werden.
Der Vortrag bildete den Abschluß einer Konferenz über Benno Jacob und seine in Jerusalem aufbewahrten, unveröffentlichten Kommentare zum Pentateuch, die im Rahmen des Kooperationsabkommens zwischen der Georg-August-Universität und der Hebräischen Universität stattfand.
Der Vortrag ist als Heft 7 der Reihe „Julius-Wellhausen-Vorlesung“ beim Verlag Walter de Gruyter erschienen.