Kunstwerk des Monats im November 2009
01. November 2009
"Capricho 23 Aquellos polvos (Dieser Staub)", von Francisco José de Goya y Lucientes, Radierung und Aquatinta
Vorgestellt von: Dr. Anne-Katrin Sors
Das graphische Werk Goyas besteht aus vier Radierfolgen sowie wenigen, vor allem in den 1770er Jahren entstandenen Einzelblättern. Um 1797 bis 1799 entsteht die 80 Blatt umfassende Serie Los Caprichos, zwischen 1810 und 1820 radiert Goya die ebenfalls aus 80 Blatt bestehende Serie Los Desastres de la Guerra, in der er Schrecken des Krieges gegen Napoleon und französische Besatzung verarbeitet. 1816 wird die 33 Stierkampfdarstellungen zeigende Tauromaquia veröffentlicht und um 1820 bis 1824 müssen die 22 Platten der Folge Los Disparates radiert worden sein – 1864 unter dem Titel Los Proverbios veröffentlicht.
Am 6. Februar 1799 kündigt Goya das Erscheinen der Folge Los Caprichos in der Zeitung Diario de Madrid als eine ‚"Sammlung von Drucken launiger Themen ..." an. Von den 300 gedruckten Exemplaren verkaufen sich nur 27, so dass Goya 1803 die unverkauften Drucke samt Kupferplatten König Karl IV. schenkt. Zu Lebzeiten veröffentlicht Goya weder die Desastres noch die Disparates, nur die Tauromaquia kann seit dem 28. Oktober 1816 in einem Bildergeschäft der Calle Mayor in Madrid erworben werden.
Goyas Graphiken sind auf den ersten Blick schwer verständlich. Zu den Caprichos existieren drei Kommentare, von denen der erste – Prado-Kommentar genannt – eventuell von Goya selbst stammt, zumindest von ihm autorisiert ist. Einige Themen sind durch die Kommentare besser oder leichter zu verstehen, den Sinn anderer scheinen sie eher zu verschleiern.
Unter Berücksichtigung der ungeheuer innovativen Phantasie Goyas, die vor allem in seinen Graphikserien hervorsticht, sind notwendigerweise historischer Kontext, soziale Rahmenbedingungen sowie spezielle Lebensumstände Goyas zu beachten, um den intendierten Bedeutungen jener bildlichen und inhaltlichen Experimente näher zu kommen. Goya sieht sich dem außergewöhnlichen Spannungsfeld zwischen Kirche, Inquisition, Königtum, Staat sowie den liberalen Ideen aus Frankreich nahe stehenden Intellektuellen ausgesetzt.
Der Prado-Kommentar zu Capricho 23 Aquellos Polbos lautet: Schande! Eine ehrbare Frau, die der ganzen Welt für eine Kleinigkeit so emsig, so nützlich gedient hat, so zu behandeln! Schande! Das Blatt wird nicht nur in die Thematik der Caprichos einführen, am Original wird die Brillanz Goyas im Umgang mit der neuen Technik der Aquatinta sowie seine am jeweiligen Inhalt eines jeden Blattes ausgerichtete technische Experimentierfreude deutlich.