Kunstwerk des Monats im Januar 2009


04. Januar 2009
"Die Erschaffung der Fische" von Johan Sadeler nach Maerten de Vos
Vorgestellt von: Dr. Gerd Unverfehrt

Johan Sadeler: Erschaffung der FischeDie Geschichte des Propheten Jona wird im gleichnamigen Buch des Alten Testaments erzählt: Jona entzog sich einem Befehl Gottes durch Flucht auf einem Schiff. Gott sandte zur Strafe einen Seesturm, als dessen Schuldigen die Matrosen Jona erkannten. Sie warfen ihn über Bord. Ein großer Fisch schluckte den Propheten und spie ihn nach drei Tagen wieder an Land.

Das Thema war in der christlichen Kunst beliebt und galt als Vorweg-nahme der Höllenfahrt und Aufer-stehung Jesu: "Gleichwie Jonas drei Tage im Bauch des Meeresfisches war, also wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte mitten in der Erde sein" (Matthäus 12, 40). Mehr noch als theologische Spekulationen reizte das barbarische Spektakel: Drei kräftige Seeleute haben den nackten Jonas gepackt und sind im Begriff, ihn über Bord zu werfen, wo der "Meeresfisch" mit aufgerissenem Maul lauert - mehr Drache als Wal.

Die beiden Künstler, von denen dieser Kupferstich stammt - der Zeichner Dirk Barendsz und der Stecher sowie Verleger Johan Sadeler - waren als Einwohner zweier niederländischer Küstenstädte mit der Erscheinung von Walen vertraut. Regelmäßig wurden große Meeres-säuger von der Nordsee an Land geworfen und seit Beginn des 16. Jahrhunderts auch in Bildern festgehalten und per Flugblatt verbreitet. Walstrandungen waren zum einen touristische Ereignisse, zum anderen Vorzeichen kommenden Unheils.

Obwohl die äußere Form des Wals also bekannt war, bedienten sich Zeichner und Maler historischer oder literarischer Szenen wie der Jona-Geschichte mit Vorliebe der Phantasie entsprungener Wesen, jener "schrecklichen Monster", die als "Ketea" schon in der Antike die Vorstellungen der Menschen bevöl-kerten und die als "Leviathan" Eingang in die Bibel und die Literatur gefunden haben. Das Zoologische Museum der Universiät Göttingen zeigt noch bis zum 26. April 2009 jeweils Sonntags von 10 bis 17 Uhr eine Ausstellung zur Biologie und Kulturgeschichte des Wals (ein gemeinsames Projekt der Ethnologischen Sammlung, des Geowissenschaftlichen Museums, der Kunstsammlung, der Sammlung der Gipsabgüsse und des Zoologischen Museums).