Kunstwerk des Monats im Mai 2013


05. Mai 2013
Liebe zur Malerei um 1600: Bartholomäus Spranger "Junger Maler mit drei Frauen"
Vorgestellt von: Prof. Dr. Michael Thimann

Kunstwerk des Monats Mai 2013 Thimann Bartholomäus SprangerDie bildenden Künste wurden im Verlauf der Renaissance immer öfter selbst zum Thema der Kunst. Dabei spielten Allegorien mit Personifikationen der Künste eine zentrale Rolle. Diese konnten auf Buchtiteln erscheinen, Künstler auf ihren Selbstportraits begleiten oder im autonomen Galeriebild sich selbst präsentieren. Auf einer Zeichnung der Göttinger Kunstsammlung, die dem Prager Hofkünstler Bartholomäus Spranger (1546-1611) zugewiesen wird, ist ein junger Mann in einem Innenraum zu sehen, der von drei halbentblößten Frauen bedrängt wird. Es handelt sich offensichtlich um einen Künstler, um dessen Aufmerksamkeit die drei Künste Malerei, Skulptur und Architektur buhlen. Spranger war einer der Hofkünstler Kaiser Rudolf II., der in seiner Kunstkammer auf der Prager Burg eine Vielzahl von Kostbarkeiten versammelt hatte und zahlreiche manieristische Maler beschäftigte. Im Umkreis von Rudolf II. entstanden zahlreiche Allegorien, welche die Künste selbst zum Thema haben. Dabei ging es vor allem immer wieder um den Aufstieg der bildenden Künste vom Handwerk zu den Freien Künsten, der 1595 sogar durch ein kaiserliches Dekret besiegelt wurde. Sprangers Zeichnung scheint in diesen Kontext zu gehören, denn auch sie thematisiert die bildenden Künste in ihrer Dreizahl sowie das Künstlerselbst, das sich zwischen ihnen zu entscheiden hat.
Die erotische Aufladung der Szenerie dürfte noch auf einen anderen Gedankenkreis hinweisen, der um 1600 zum künstlerischen Allgemeingut gehört, nämlich die Vorstellung von der Liebe zu Malerei. Nur wenn der Künstler mit Liebe („con amore“) seine Werke ausführt, gelingen ihm diese auf außerordentliche Weise. Das Göttinger Blatt ist eine Kunst- und Liebesallegorie zugleich, die mit bekannten ikonographischen Versatzstücken aus der Bibel und der Mythologie arbeitet. In der Göttinger Kunstsammlung sind eine Reihe von Allegorien in Vorzeichnungen und zeitgenössischen Kopien erhalten, die für Rudolf II. entstanden sind.

Sprangers „Junger Maler mit drei Frauen“ wird daher auch im Kontext des Prager Manierismus um 1600 diskutiert.