Kunstwerk des Monats im Juli 2015


05. Juli 2015
Franz Pforr: Die Freundschaft
Vorgestellt von: Prof. Dr. Michael Thimann

Kunstwerk des Monats Franz Pforr Die FreundschaftFreund­schaft ist eine der zen­tralen Ideen der deutschen Romantik. 1808 entwarf Franz Pforr eine Alle­gorie der Freund­schaft, er ge­staltete damit zum ersten Mal eine Bild­idee, die als Ur­sprung von Fried­rich Over­becks be­rühmten Ge­mälde "Italia und Germania" (München, Neue Pina­kothek) zu be­zeichnen ist. Pforr und Overbeck ver­band eine enge Künstler­freund­schaft, die beide Maler in ver­schiedenen Werken bild­lich kommentiert haben.

Dies spiegelt sich in Pforrs Werk wieder, sinn­bild­lich für die enge Freund­schaft der Maler ent­wirft er hier den Typus einer em­pfind­samen Freund­schafts­alle­gorie. Wobei sich die beiden weib­lichen Figuren mit der um 1808 in Wien erst­mals nach­weis­baren Kon­zeption idealer Frauen­figuren als so­ge­nannte "Bräute", ver­knüpfen lassen, die beider Künstler Nei­gung zur Kunst des Nordens und damit Dürers und zu Raffael als Re­präsentanten der Kunst des Südens wieder­geben sollten. Neben der ein­deutig christ­lichen Aus­richtung des Blattes ent­hält es zahl­reiche emblematische Ver­weise auf Glück, Künstler­tum und Freund­schaft. Die Ehebild­nissen ent­lehnte Geste der Ver­schränkung der rechten Hände be­siegelt den Freund­schafts­bund und findet sich sowohl in der früh­romantischen Vor­stellung von Raffael und Dürer "Hand in Hand" als auch in Over­becks Ge­mälde "Italia und Germania" wieder.

Bei der Er­findung seiner Bild­alle­gorie der Freund­schaft be­zog sich Pforr je­doch auf Dürers be­rühmten Kupferstich "Melancholia I" aus dem Jahre 1514, den Pforr ver­mutlich vor allem hin­sichtlich formaler Er­wägungen zur An­lage der sitzen­den Frauen­figur aus­wählte.

Pforrs "Alle­gorie der Freundschaft" ist ein be­deutendes Bei­spiel für die pro­duktive Dürer-Re­zeption im Sinne der Nach­folge der alten Meister. Pforr ging es nicht um die Kopie eines muster­haften Vor­bildes, sondern er nutzte Dürers Bild­konzept um dessen innovatives Potential hin­sichtlich des Aus­druck­ge­haltes in die Gegen­wart um 1800 zu ver­längern und ihn mit dem durch­weg modernen und bürger­lichen Ge­danken der Freund­schaft zu füllen.