Rückfälligkeit, Strafzumessung und kriminelle Karrieren bei schweren Formen des Diebstahls
Diebstahl stellt mit einem Anteil von ungefähr 40 % der polizeilich registrierten Kriminalität eine der häufigsten Straftaten dar. Die schweren Formen des Diebstahls machen knapp die Hälfte aller Diebstahldelikte aus, dies sind z.B. 2014 über eine Millionen bekannt gewordene Fälle. Der Diebstahl unter erschwerenden Umständen ist damit als Massendelikt einzuordnen. Während sich die schweren Formen des Diebstahls gleichbleibend auf hohem Niveau befinden, steigen die Wohnungseinbruchsdiebstähle seit vielen Jahren an (Polizeiliche Kriminalstatistik 2014). "Nur wenig verstört Menschen mehr als das Gefühl, selbst in den eigenen vier Wänden keinen Schutz vor Kriminellen zu finden. Auch deshalb versetzen die neuen Verbrechenszahlen die Politik in Unruhe" (Süddeutsche Zeitung 06.05.2015). Der Wohnungseinbruchsdiebstahl rückt somit vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit und ist Thema rechtspolitischer Forderungen.
Die empirische Untersuchung der schweren Formen des Diebstahls kann verschiedene Erkenntnisinteressen haben. Im Rahmen dieser Arbeit stehen jedoch nicht Informationen zur Kriminalitätsfurcht, zum Opferverhalten und zu Präventionsmöglichkeiten oder zu persönlichen Hintergründen des Täters oder Tatmerkmalen, die mittels Befragungen und Aktenanalysen gewonnen werden können, im Vordergrund. Im Fokus stehen hier die Untersuchung der Strafrechtspraxis bei schweren Diebstahlformen und die Rückfälligkeit von Diebstahldelinquenten anhand von Registerdaten des Bundeszentralregisters. Die innerhalb des Beobachtungszeitraums aus dem Bundeszentralregister erhobenen Daten ermöglichen gegenüber den bekannten Kriminalstatistiken detailliertere Aussagen zur Strafzumessung und vor allem die Erhebung von Rückfalldaten.
Zentrales Anliegen des hier vorzustellenden Promotionsvorhabens ist die empirische Untersuchung der einzelnen Erscheinungsformen schwerer Diebstähle. Dabei werden die einzelnen Regelbeispiele des besonders schweren Diebstahls im § 243 StGB sowie die einzelnen Merkmale der §§ 244, 244a StGB beleuchtet.
Als Datenquelle dienen die für die Untersuchung der Legalbewährung nach strafrechtlichen Sanktionen erhobenen Bundeszentralregisterdaten. Anhand dieser Daten können Alter, Geschlecht, Nationalität und Vorstrafenbelastung der Personen, die im jeweiligen Bezugsjahr aufgrund einer schweren Form des Diebstahls verurteilt wurden, im Querschnitt analysiert werden. Die Sanktionierungspraxis bei schweren Diebstahldelikten soll im Zusammenhang mit den genannten Merkmalen abgebildet werden. Dabei kann geprüft werden wie die gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen in der Strafrechtspraxis genutzt werden.
Darüber hinaus bieten die im Rahmen der Legalbewährungsuntersuchung erhobenen Daten auch die Möglichkeit, das Legalbewährungsverhalten von Diebstahldelinquenten, die aufgrund einer schweren Form des Diebstahls im Bezugsjahr 2004 verurteilt oder aus der Haft entlassen wurden, über einen Zeitraum von neun Jahren im Längsschnitt weiterzuverfolgen. Dadurch kann eine Einschätzung der spezialpräventiven Wirkung der wegen Diebstahldelikten verhängten Sanktionen abgegeben werden.
Insbesondere die Entwicklung der kriminellen Karriere einer Kohorte von Tätern, die im Bezugsjahr aufgrund eines einfachen Diebstahls verurteilt wurden, soll zur Überprüfung der rechtspolitischen Forderung, dass den Anfängen kriminellen Verhaltens bereits mit möglichst harten Strafen zu begegnen sei, um schwere Rückfalltaten zu verhindern, herangezogen werden.