Jaime Cárdenas Isasi, Ldo., M.Ed.
Vita
- 2016-2018: Assoziierter Doktorand des Graduiertenkollegs "Expertenkulturen des 12.-18. Jahrhunderts"
- seit SoSe 2008 am Seminar für Romanische Philologie der Universität Göttingen als Dozent in verschiedenen Stellungen (Lb, LfbA, Lektor) tätig, mit Lehre in den Gebieten Landeswissenschaft und Sprachpraxis Spanisch. Seit Oktober 2014: Lektor für Spanisch
- 2006-2009: Studium des Master of Arts in Education mit den Fächern Geschichte und Spanisch an der Universität Göttingen
- 1999-2005: Studium der Geschichtswissenschaft in Madrid (Universidad Complutense) und Besançon (Université de Franche-Comté). Abschluss: Licenciado
- Geboren 1981 in Madrid
Mitarbeiterseite am Seminar für Romanische Philologie der Universität Göttingen
Dissertationsprojekt
Literatura(s) del cautiverio y conocimiento experto sobre el Mediterráneo musulmán en la Península Ibérica de la Edad Moderna
[Deutsch: "Iberische Gefangenschaftsliteratur(en) und Expertenwissen über den muslimischen Mittelmeerraum in der Frühen Neuzeit"]
Die Gefangennahme und die Versklavung entlang der christlich-islamischen Grenze gehörten in vielen Regionen des frühneuzeitlichen Europas zum Erfahrungshorizont der Zeitgenossen. Miguel de Cervantes, um ein berühmtes Beispiel zu nennen, war 1575 bis 1580 in Algier gefangen und hielt dieses Erlebnis in vielerlei Texten fest. So entstanden nicht nur Erzählungen und Theaterstücke, sondern auch eine memoria, mit der er beim König um eine Gratifikation warb. Dabei war er längst nicht der einzige, der über seine Gefangenschaft schrieb. Traktate, Berichte, Briefe und Erzählungen jeglicher Art, die von cautivos verfasst wurden, ruhen in den Bibliotheken und Archiven der Iberischen Halbinsel.
In meiner Dissertation untersuche ich die Rolle christlicher Gefangener aus der Iberischen Halbinsel in der Produktion und Tradierung von Wissen über die Türken und den Islam im 16. und 17. Jahrhundert sowie die soziale Dimension dieses Wissens. Gefangene waren als Autoren in einer Vielfalt von textuellen und diskursiven Praktiken während sowie nach ihrer Gefangenschaft involviert. Um diese Schreibproduktion zu erfassen, gehe ich von einem Zusammenhang von Gefangenschaft und Expertenwissen aus. Ich verstehe somit die cautivos als einen spezifischen Expertentypus, der als Träger und Vermittler eines Erfahrungs- und Kulturwissens eine überaus interessante soziale Funktion einnimmt. Denn im Vergleich zu anderen Türkenexperten sind die Gefangenen von einer gewissen Ambiguität gekennzeichnet: Als go-between erweckten sie Misstrauen, fungierten aber gleichzeitig als Träger eines aus eigener Erfahrung gewonnenen spezifischen Wissens, die wichtige Fenster zur islamischen Welt darstellten. Durch das Schreiben konnten sie, so meine These, eine Kommunikationssituation schaffen, die es ihnen erlaubte, ihre Erfahrung inmitten des Erbfeindes aufzuwerten und ihre soziale Position neu zu verhandeln. Es sollen Traktate, Gefangenschaftsberichte und autobiographischen Schriften untersucht werden. Gefragt wird dabei nach den Wissensbeständen sowie den Wahrnehmungs- und Deutungsmustern bezüglich der Türken, des Islams und der Erfahrung der Gefangenschaft, die die Autoren tradierten. Darauf aufbauend soll der Frage nachgegangen werden, in welchem Zusammenhang solch Wissen und Muster mit der sozialen Verortung und der Aushandlung der Expertise ihrer Autoren steht.
Schwerpunkte und Interessen in Forschung und Lehre
- Religiöse Minderheiten auf der Iberischen Halbinsel im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit
- Geschichte des Mittelmeerraums: Verflechtungen und Kulturtransfer
- Frühneuzeitliche städtische Geschichtschreibung und -kultur auf der Iberischen Halbinsel
- Spanische Reisende in Nordafrika und im Osmanischen Reich vom 15. bis zum 19. Jahrhundert
- Erinnerungskultur und nation-building im Spanien des 19. und des 20. Jahrhunderts