Presseinformation: Einwanderungspolitik: Keine Akzeptanz für interkulturelles Miteinander
Nr. 296/2003 - 26.11.2003
Sozialwissenschaftliche Studie vergleicht Deutschland mit Großbritannien und Spanien
(pug) Deutschland, Großbritannien und Spanien nähern sich mit ihrer Einwanderungspolitik in einer eher restriktiven Haltung gegenüber Migranten einander an, weisen aber erhebliche Unterschiede dabei auf, wie Einwanderung gesellschaftlich wahrgenommen und diskutiert wird. Alle drei Gesellschaften sind noch weit davon entfernt, Interkulturalität als gesellschaftliche Normalität wahrzunehmen und zu akzeptieren. Zu diesen Ergebnissen kommt eine internationale Studie unter der Federführung des Zentrums für Europa- und Nordamerika-Studien (ZENS) an der Universität Göttingen. Ein achtköpfiges Forscherteam aus Großbritannien, Spanien und Deutschland unter der Leitung der Göttinger Sozialwissenschaftlerinnen Dr. Ursula Birsl und Dr. Renate Bitzan hat in empirischen Fallstudien die Einstellungen von Industriebeschäftigten zu den Themen Einwanderung und Asyl untersucht. Außerdem wurden die Migrationsgeschichte und die offizielle Einwanderungspolitik der drei EU-Staaten ermittelt. Die Studie „Migration und Interkulturalität in Großbritannien, Deutschland und Spanien. Fallstudien aus der Arbeitswelt” wurde jetzt in der Schriftenreihe „Europa- und Nordamerika-Studien” des Zentrums veröffentlicht. Es ist nach Angaben der Wissenschaftlerinnen die erste Untersuchung dieser Art in Deutschland.
Als unterschiedliche Typen von Einwanderungsgesellschaften charakterisiert das Forscherteam die drei untersuchten Länder, wobei sich die Grundmuster in der Migrationspolitik in Großbritannien und Deutschland ähneln. „Die Einwanderungspolitik zielt auf eine Abschottung, und erst seit kurzem hat man sich dazu durchgerungen, sich als Einwanderungsländer zu begreifen”, so Dr. Birsl. Auch wenn Deutschland über eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts, die Green-Card-Regelung und den Entwurf eines Zuwanderungsgesetzes signalisiere, sich gegenüber Migranten öffnen zu wollen, sei es im Vergleich das Land mit der restriktivsten Politik. Ihm folge erst mit Abstand Großbritannien, so die Wissenschaftlerinnen. Spanien als neues Einwanderungsland präsentiere sich dagegen insgesamt als dasjenige Land, das sowohl politisch als auch hinsichtlich der gesellschaftlichen Akzeptanz noch am offensten auf Einwanderung reagiere.
Diese Unterschiede zwischen den Ländern bilden sich auch in den Ergebnissen der empirischen Fallstudie ab. Hier waren rund 1.000 Beschäftigte schriftlich zu ihren Einstellungen zu Migration und Interkulturalität befragt worden. Außerdem wurden Gruppendiskussionen geführt. Im Vergleich zeigten sich die deutschen Befragten insgesamt skeptischer gegenüber Migration und vertraten häufiger Vorstellungen von Interkulturalität, die als intolerant und rigide ablehnend zu bezeichnen seien, heißt es in der Studie. Unter den Befragten aus Großbritannien waren ablehnende Einstellungen bereits wesentlich abgeschwächter vorhanden, und in den spanischen Betrieben traten sie nur selten auf. Insgesamt galt, dass sich die Industriebeschäftigten in allen drei Ländern vergleichsweise aufgeschlossener und toleranter gegenüber Einwanderung und Interkulturalität zeigten als der Bevölkerungsdurchschnitt des jeweiligen Landes.
Das internationale Forschungsprojekt wurde von der VolkswagenStiftung und der britischen Anglo-German-Foundation gefördert. Kooperationspartner des ZENS sind das Institute for German Studies der University of Birmingham und das Centre for Industrial Relations der Keele University in Großbritannien sowie das Centre d’Estudis d’Immigració i Minories Etniques (CEDIME) der Universitat Autònoma de Barcelona in Spanien.
Kontaktadresse:
Dr. Ursula Birsl
Georg-August-Universität Göttingen
Sozialwissenschaftliche Fakultät
Zentrum für Europa-und Nordamerika-Studien (ZENS)
Humboldtallee 3, 37073 Göttingen
Telefon (0551) 39-3336, Fax (0551) 39-9788
e-mail: ubirsl@uni-goettingen.de
Internet: http://www.zens.uni-goettingen.de/