Presseinformation: 75 Jahre Quantenphysik Kolloquium am 30. Oktober
Nr. 172/2000 - 24.10.2000
Im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts war die Physik wegen ihres Unvermögens, die Atome genau zu beschreiben, in eine tiefe Krise geraten. Auch die alte Quantentheorie, die Max Planck im Jahr 1900 begann, führte nicht zu einer vollständigen Lösung der aufgetretenen Probleme. In dieser Situation publizierte der 24jährige Werner Heisenberg 1925 in Göttingen Ideen zu einer ganz neuartigen Mechanik. Diese Ideen wurden von ihm und Max Born zur sogenannten Quantenmechanik ausgebaut. Die 1925 in Göttingen entwickelte Quantenmechanik ist zusammen mit der Relativitätstheorie Einsteins die bedeutendste physikalische Entdeckung des 20. Jahrhunderts und hat nicht nur einen Umsturz im Weltbild der Physik bewirkt, sondern auch zu Anwendungen wie der Atombombe, dem Transistor und des Computerchips geführt.
Das Kolloquium am Montag, den 30. Oktober von 15.00 bis ca. 18.30 Uhr in der Aula am Wilhelmsplatz will nicht nur die Geburtsstunde der Quantenmechanik feiern, sondern auch auf ganz neue Entwicklungen dieser Theorie hinweisen. Ebenso soll ihr geistesgeschichtlicher Einfluss beleuchtet werden.
Dazu sind Vorträge von Gerhard `t Hooft (Utrecht) (15.00 Uhr) , Peter Zoller (Innsbruck) (16.00 Uhr) und Frau Mara Beller (Jerusalem) (17.30 Uhr) vorgesehen.
Herr Prof. Gerhard `t Hooft hat 1999 den Nobelpreis für seine bahn brechenden Arbeiten in der Theorie der Elementarteilchen und Quantenfelder erhalten. Frühere Versuche zur mathematischen Beschreibung der so genannten schwachen Wechselwirkung zwischen Teilchen wurden durch das Auftauchen unendlicher, und deshalb sinnloser, Größen geplagt. Später wurden dann die sehr erfolgreichen Eichtheorien vorgeschlagen. Deren Erfolg beruhte weitgehend auf der Entdeckung von `t Hooft und Veltman, dass sich die unendlichen Größen aufheben. Im Vortrag „A Confrontation with Infinity“ wird Herr `t Hooft die physikalischen Gründe dafür erklären.
Herr Prof. Peter Zoller hat wichtige Beiträge zur Quantennatur des Lichts und dessen Wechselwirkung mit Atomen geleistet. Seine Vorschläge zur möglichen Realisierung von so genannten Quantencomputern haben nicht nur in Fachkreisen, sondern auch in der Presse großen Wirbel ausgelöst. Quantencomputer basieren auf den grundlegenden Prinzipien der Quantenmechanik und würden, wenn man sie denn eines Tages bauen könnte, die ganze Informationstechnologie revolutionieren. Fortschritte in diese Richtung sind in letzter Zeit erreicht worden. Dazu wird Herr Zoller in seinem Vortrag „Quantum Computing and Quantum Information“ Stellung nehmen.
Frau Prof. Mara Beller ist Inhaberin des Lehrstuhls für Geschichte und Philosophie der Naturwissenschaften an der Hebrew University in Jerusalem. In ihrem vielbeachteten Buch „Quantum Dialogue: The making of a Revolution“ beschreibt Frau Beller die Kontroversen im Umfeld von Heisenbergs Unschärferelation, Borns Wahrscheinlichkeitsinterpretation und Bohrs Komplementaritätsprinzip bei der Entwicklung der Quantenmechanik, insbesondere der sogenannten „Kopenhagener Interpretation“. Ihre These ist, dass die Kultur von Dialog und Auseinandersetzung die Kreativität innerhalb der Wissenschaftlergemeinde antreibt. Ohne falsche Heldenverehrung zeigt sie, wie Bohr, Heisenberg und andere ihre nicht immer schlüssigen oder wohlfundierten Positionen durchzusetzen versuchten. In ihrem Vortrag „Bohr, Heisenberg and the Philosophy of Quantum Mechanics“ wird Frau Beller auf diese kontroversen Fragen eingehen
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Hegerfeldt, Institut für Theoretische Physik, Bunsenstraße 9
mail: hegerf@theorie.physik.uni-goettingen.de