Göttingen: Ort der Wissensforschung
29.05.2013
Podiumsdiskussion gibt Einblicke in die Planung zum Haus des Wissens
Welche Wissenstraditionen gibt es in Göttingen? Wie geht die Universität in Zukunft mit den universitären Sammlungen um? Und wo soll das „Haus des Wissens“ seinen Platz finden? Der rote Saal in der Historischen Sternwarte war zur Eröffnung der Vortragsreihe „Wissen: Schaffen – Erforschen – Vermitteln“ am 17. Mai bis zum letzten Platz gefüllt, als diese und weitere Fragen in einer Podiumsdiskussion beantwortet wurden. Teilnehmer waren Universitätspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Beisiegel, Dr. Marie Luisa Allemeyer, Projektleiterin „Haus des Wissens“, Prof. Dr. Martin van Gelderen, Direktor des Lichtenberg-Kollegs, Prof. Dr. Marian Füssel vom Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte sowie der Berliner Ausstellungsmacher und Kulturmanager Stefan Iglhaut.
Was sind die Ziele der Vortragsreihe? Prof. Dr. Martin van Gelderen brachte es auf den Punkt: „In der Reihe kreuzen sich Wissenschaft, Theorie und Praxis. Wir wollen gemeinsam eine Bestandsaufnahme wagen und unterschiedliche akademische Kulturen zusammenbringen.“ Prof. Dr. Ulrike Beisiegel ergänzte: „Das große Glück in Göttingen ist es, dass die Kustoden in den Sammlungen sehr aktiv sind. Durch die Arbeit am Zukunftskonzept für die Exzellenzinitiative haben sich nun die verschiedensten Fächer zusammengefunden und vernetzt.“
Die Podiumsdiskussion sollte auch über Fortschritte bei der Planung des „Haus des Wissens“ informieren, das von einer geplanten Zentralen Kustodie verwaltet werden soll. Auf dem Podium herrschte Konsens, dass es sich lohnt, das Zukunftskonzept mit Zentraler Kustodie und „Haus des Wissens“ auch nach der Exzellenzinitiative weiter zu verfolgen. Das hatte damals auch eine internationale Gutachtergruppe bestätigt: „Das Zukunftskonzept wurde als modellhaft für Europa befunden. Das motiviert alle Beteiligten“, so Beisiegel. Prof. Dr. Marian Füssel verwies aus historischer Perspektive auf Göttingens Wissensforschung: „Die heutigen Pläne stehen in Tradition der Göttinger Aufklärung. Auch die Nobelpreisträger um 1900 hatten Göttingen als ‚Sehnsuchtsort‘ und ‚Ort der Wissensforschung‘ etabliert.“
Dr. Marie Luisa Allemeyer sprach von einer Euphorie, die sich auch nach der Exzellenzinitiative hält. „Think big“ – das ausgearbeitete und detaillierte Konzept habe der Universität Göttingen einen „Riesenvorteil“ gegenüber anderen Universitäten verschafft. „Die programmatische Verklammerung der drei Felder Zentrale Kustodie, Forschung und Lehre sowie Sammlungen ist einzigartig“, sagte Allemeyer. „Für alle drei Bereiche gilt als Voraussetzung: Die Sammlungen müssen erhalten und aufgearbeitet werden. Für Sammlungsmanagement und -unterstützung stehen durch zugesicherte Mittel vom Ministerium für Wissenschaft und Kultur nun jährlich 200.000 Euro zur Verfügung – eine große Hilfe.“
Trotz des Verweises auf die Göttinger Wissensforschung und das Zukunftskonzept gab es aus dem Publikum kritische Nachfragen. Ein wichtiger Aspekt war dabei die Finanzierung des Haus des Wissens. Laut Beisiegel soll die Ausstellung nach derzeitigem Stand im Institut für Zoologie und Anthropologie am Bahnhof ihren Platz finden. Den vielen Göttingern aus dem Publikum stellten sich Fragen nach den Kosten des Umbaus und dem Standort, der vor allem durch Busverkehr und den naheliegenden Bahnhof beeinträchtigt werden könnte.
Allemeyer und Stefan Iglhaut verwiesen auf die Vorteile der Zoologie: Ein abschnittsweiser Bau minimiere die Kosten und eine moderne Museumspädagogik auch für Kinder sowie eine intelligente Kommunikationsstrategie gewährleiste eine gute Besucherfrequentierung. Iglhaut betonte, dass es keinen „Blockbuster-Effekt“ für das Haus des Wissens geben werde, sondern dass angestrebt wird, das Gebäude in seiner Umgebung realistisch zu platzieren. „Das neue Museum soll auch ein Ort werden, an dem man sich trifft“, so Beisiegel. Sie betonte außerdem, dass Kooperationen mit der Stadt Göttingen und Umgebung erst das Gelingen eines solchen Projektes garantieren werden.