Kunstwerk des Monats im September 2016
04. September 2016
"Bill Viola: The Passing"
Vorgestellt von: Dr. Ruth Reiche
"Die Videokameras und Mikrofone waren die wunderbarsten Instrumente der Bewusstseinserweiterung. Man hörte die Dinge plötzlich unabhängig von den eigenen Ohren, sah sie unabhängig von den eigenen Augen und erlebte sie unabhängig von der eigenen subjektiven Erfahrung. Man war gezwungen, sich mit dem Phänomen der Wahrneh­mung und des Intellekts auseinanderzusetzen." (Bill Viola)
Bill Viola zählt zu den international anerkanntesten Vertretern der Videokunst. Seit Anfang der 1970er Jahre erforscht Viola das damals noch neue Medium Video. Sein gesamtes Werk ist geprägt von einer Auseinandersetzung mit existentiellen Erfahrungen des menschlichen Seins. Solche Grunderfahrungen sind es auch, die in seiner fast einstündigen Videoarbeit THE PASSING thematisiert werden, wenn Bilder vom Anfang und Ende des Lebens, Traum- und Erinnerungsbilder, Bilder bewusster und unbewusster Wahrnehmung nebeneinandergestellt werden, sich zu einem zyklischen Kreislauf verweben und damit Fragen nach dem Dazwischen, nach dem eigenen Ich, der Familie und dem Sein im Allgemeinen aufwerfen.
THE PASSING entstand 1991 als eine Auftragsarbeit für die Sendereihe Das kleine Fernsehspiel des Zweiten Deutschen Fernsehens und wurde später auch für die großformatige Präsentation in musealen Räumen aufbereitet.
1991 starb Violas Mutter und sein zweiter Sohn wurde geboren. Intime Videosequenzen vom Ableben seiner Mutter sowie der Geburt seines Sohnes bilden daher die biographische Grundlage und den existentiellen Rahmen für diese Videoarbeit. Die Hauptperson, einen unruhig schlafenden Mann, spielt Viola selbst. Sein ruhiges Atmen bildet die überwiegende Geräuschkulisse. Die kurzen Schlafsequenzen dieses Mannes wechseln sich mit Ereignisbildern, Aufnahmen von nächtlichen Landschaften oder Unterwasserszenen ab und gliedern damit die assoziativ-rhythmisch angelegte Erzählstruktur des Videos.
Das Video ist online auf YouTube verfügbar: https://youtu.be/7vHtK-DoKB8 (zuletzt aufgerufen am 25.8.2016)