Aufklärung erblicher Augenerkrankungen bei Rind und Pferd
Erblich bedingte Augenmissbildungen kommen bei allen Nutztieren vor. In diesem Projekt beschäftigen wir uns mit der Genetik zweier Erbfehler beim Rind und beim Pferd. In beiden Fällen ist das Ziel, einen Gentest zu entwickeln.
Bilaterales konvergentes Schielen beim Rind
Das beidseitige Einwärtsschielen mit Hervortreten des Augapfels (Bilateral convergent strabism with exophthalmus = BCSE) ist eine erbliche Augenerkrankung bei Rindern, die in verschiedenen Rassen auftritt. Betroffene Tiere entwickeln ein beidseitiges, konvergierendes Schielen in Verbindung mit einem Hervortreten der Augäpfel aus der Augenhöhle (s. Abb. links). Die Krankheit verläuft in der Regel progressiv und kann bis zur vollständigen Erblindung der Tiere führen. Auf Grund der stark eingeschränkten Sehfähigkeit betroffener Tiere entwickeln diese einen unsicheren Gang und werden als scheu und sehr schreckhaft beschrieben. Die daraus resultierende Problematik in der Haltung und Nutzung der Tiere führt in vielen Fällen zu einem frühzeitigen Abgang der ansonsten voll leistungsfähigen Tiere. Da die Erkrankung häufig erst während, oder nach der ersten Laktation auftritt entsteht durch die bereits aufgebrachten Aufzuchtkosten ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden. Der frühzeitige Ausschluss der Merkmalsträger aus der Zuchtpopulation wäre daher wünschenswert. Bisher durchgeführte Untersuchungen konnten allerdings noch keine kausale Genvariante aufzeigen, die zur Entwicklung eines geeigneten Gentests führen könnte. In diesem Projekt soll die genetische Architektur der Erkrankung bei Holstein-Rindern untersucht und darauf aufbauend beteiligte Genomregionen identifiziert werden.
Equine hereditäre Mikrophthalmie
Als Mikrophthalmie wird das Auftreten eines unnatürlich kleinen Augapfels bezeichnet, der verschiedene strukturelle Anomalien aufweisen kann. Die Mikrophthalmie kann einseitig, oder beidseitig auftreten, es sind jedoch immer okulare Strukturen nachweisbar. Das gänzliche Fehlen wird als Anophthalmie bezeichnet und ist allerdings sehr selten. Das Vorhandensein eines verkleinerten, in seinen Strukturen aber unauffälligen Augapfels wird als Nanophthalmie bezeichnet. In diesem Fall kann die Sehkraft betroffener Tiere uneingeschränkt sein, während ein stark verkleinertes und missgebildetes Auge jedoch immer zu eingeschränkter Sehfähigkeit und häufig Blindheit führt. Das Vorkommen erblicher Formen von Mikrophthalmie ist bei verschieden Haus- und Nutztierspezies bekannt. Auch bei Pferden, insbesondere Arabern und Rassen mit Araber- oder Vollbluteinfluss, tritt Mikrophthalmie auf. In der Pferdezucht wurde verschiedentlich davon ausgegangen, dass keine Erblichkeit besteht und die Ursachen in einer Fehlernährung oder Exposition gegenüber teratogenen Substanzen während der Trächtigkeit zu suchen sind. Die Beobachtung familiär gehäuften Auftretens beim Warmblut führte jedoch zu dem Schluss, dass es sich um eine erbliche Form, die equine hereditäre Mikrophthalmie, handelt. In diesem Projekt sollen nach Möglichkeit kausal beteiligte Genvarianten identifiziert und darauf aufbauend Gentestverfahren entwickelt werden. Durch geeignete Gentests könnten Risikoverpaarungen von Trägern entsprechender Genvarianten vermieden und somit das Auftreten der Erkrankung in seiner Frequenz reduziert werden.