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Mikrobiologie extremer terrestrischer und mariner Habitate in Italien

Unsere Exkursion führte uns zu verschiedenen außergewöhnlichen Mikroben in ihren Lebensräumen. Mikroorganismen - d. h. Bakterien, einzellige Eukaryoten und (niedere) Pilze - sind überall zu finden und bestimmen die biologischen Kreisläufe in allen Ökosystemen. In jedem Waldboden sind sie die wichtigsten Verwerter des Pflanzenmaterials, sie sind in allen Gewässern und in unserem Körper. Exkursionen in die Mikrobiologie können also eigentlich vor und hinter jeder Haustür stattfinden! Wir sind hier aber an Habitaten interessiert, in denen ungewöhnliche Mikroben zu finden sind, die nur unter extremen Bedingungen gedeihen: tief im Untergrund, in heißen Quellen, aber auch an felsigen Küsten. Unsere Exkursion führte zu einigen dieser besonderen Habitate. Italien ist hier ganz besonders interessant, da es geologisch sehr viel aktiver ist als Mitteleuropa. Daher finden wir hier eine Reihe von besonderen Lebensräumen, die nur von speziell angepassten Mikroorganismen besiedelt werden.


Am Nordrand des Apennin-Gebirges sind die Auswirkungen der Kollision von zwei tektonischen Platten für die Bildung eines solchen Habitats verantwortlich. Der Druck tief im Untergrund führt u. a. dazu, dass Wasser, Methangas und etwas Erdöl aus ca. 2-3 km Tiefe aufsteigen und - mit Sediment vermischt - an der Erdoberfläche immer wieder Schlammkegel bilden (Abb. 1). Diese Schlammvulkane sind kalt - an der Oberfläche hat das Wasser nur Umgebungstemperatur. Die Zusammensetzung aus verschiedenen Kohlenwasserstoffen und gelösten Salzen lässt bei Abwesenheit von Sauerstoff in der Tiefe ungewöhnliche Mikroben wachsen. Sie bauen Methan ohne Sauerstoff ab - ein Prozess, der erst vor Kurzem entdeckt wurde und immer noch nicht richtig verstanden ist.

Weitere interessante Habitate sind die heißen Quellen der Toskana, die sich in der Nähe des erloschenen Vulkans Monte Amiata befinden. Der Vulkan ist seit knapp 200.000 Jahren erloschen, aber seine Magmakammer heizt immer noch das Grundwasser auf. Angereichert mit gelöstem Calciumcarbonat aus den Sedimenten und mit etwas Schwefelwasserstoff tritt es aus dem Untergrund. Das Carbonat bildet Kalksinter, der schnell heranwächst und seit der Antike als Baustoff benutzt wurde. Immer sind hier Mikroben mit dabei: der eigentlich weiße Kalksinter wird von blaugrünen Cyanobakterien, verschiedenen Algen und gelb gefärbten Schwefeloxidierern besiedelt. Daneben finden sich viele weitere Organismen, die von diesen Primärproduzenten leben. An den Quellaustritten ist das Wasser 50-60 °C heiß und nur "thermophile" Arten können dort leben (Abb. 2).

Schließlich führte uns unsere Exkursion auch an die Küste des Tyrrhenischen Meeres (Abb. 3): Der Ozean beherbergt natürlich eine Vielzahl verschiedener Habitate für Mikroben; sie leben in Sedimenten, leben oder schwimmen im Wasser und viele sind mit marinen Metazoen symbiotisch verbunden. Ein Ort ist für uns leicht zu erreichen, aber nur für speziell angepasste Mikroben zugänglich. Die felsige Küste ist ein extremer Ort. Ständige Austrocknung und Wiederbefeuchtung in der Spritzwasserzone, Erosion und ultraviolettes Sonnenlicht stellen besondere Anforderungen, denen nicht alle Mikroben gewachsen sind. Hier sind Cyanobakterien, die sich in den Fels hinein bohren können, besonders häufig.

Während der ca. 12-tägigen Exkursion suchten wir nicht nur diese Standorte auf und maßen Umweltparameter wie pH-Wert, Sauerstoff- und Ionengehalte. Wir nahmen auch Proben, die es ermöglichen, die Organismen zu identifizieren. Noch während der Exkursion isolierten wir die DNA aus den Proben und konnten nach unserer Rückkehr metagenomische Analysen durchführen, um einen Überblick über die Zusammensetzung der gesamten Lebensgemeinschaft zu gewinnen.




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