Große Türkeiexkursion: Philosophen, Tyrannen, Weltwunder - Die Griechen in Kleinasien (01. - 15. März 2016)
Die Lage Ioniens zwischen griechischem Mutterland und kleinasiatischem Hinterland trug dazu bei, dass hier blühende Städte entstanden, die für die Entwicklung der griechischen Kultur von ganz besonderer Bedeutung waren: Homer sollte aus Smyrna stammen, die Stadt Milet wurde zur Wiege der Naturphilosophie, wo Thales, Anaximander und Anaximenes naturphilosophische Weltbilder entwickelten. Hippodamos von Milet war der Schöpfer einer modernen Stadtplanung. Doch philosophisches Denken schloss die Verehrung der Götter nicht aus: Die Ephesier bauten ihrer Artemis einen Tempel, der späteren Generationen als Weltwunder galt. Auch politisch nahmen die Ionier eine Schlüsselstellung ein: Ein ionischer Tyrann löste die Perserkriege des 5. Jahrhunderts aus.
Unsere Route orientierte sich von Smyrna und Sardes aus nach Süden entlang der türkischen Westküste. Über Halikarnassos und Milet bis Didyma und Priene folgten wir den Ereignissen der Perserkriege. Das Programm war dabei bewusst nicht (nur) auf die klassischen "Highlights" wie Ephesos mit dem berühmten Artemistempel ausgerichtet. Um die kleinasiatische Küste und deren Hinterland als antike Kulturlandschaft begreifen zu können, wurden auch antike Häfen, Verkehrswege und Prozessionsstraßen sowie entlegenere Festungen, Heiligtümer und Altäre angesteuert. Vor Ort war den Studierenden jeweils eine Stätte zugeteilt, durch die sie die Gruppe zu führen hatten. Dabei sollten sie den anderen "ihre" Lokalität auch durch den Umgang mit den materiellen Zeugnissen, mit Bauwerken, Votiven oder Inschriften nahebringen.
Eindrücke von teilnehmenden Studierenden
"Wann hat man die Chance, berühmte historische Stätten, die man sonst nur aus Büchern oder von Bildern kennt, live zu sehen? Auf Exkursionen! Im März 2016 hatte ich die Gelegenheit mit dem Althistorischen Seminar die griechischen Städte an der Küste der Türkei zu besuchen. Dabei war für mich das absolute Highlight die antike Stadt Ephesos. Auf einem sehr großen Gebiet sind die Ruinen der Stadt an vielen Stellen noch sehr gut erhalten, deren über tausendjährige Geschichte nur vor Ort richtig begreifbar wird. Ob man z.B. von der erstaunlichen Akustik des Theaters nur gelesen hat, oder ob man diese selbst einmal testen kann, hat für mich einen großen Unterschied gemacht. Neben dem Theater und der Celsusbibliothek mit ihrer bekannten Fassade, haben mich die Hanghäuer unerwartet beeindruckt. Von außen sind sie Dank der Überdachung recht unscheinbar, aber im Inneren ist der griechisch-römische Wohnluxus so gut erhalten, wie höchstens in Pompeij. Auf gläsernen Stegen konnten wir die fast 2000 Jahre alten Mosaiken und Wandmalereien bewundern, die nur im Original richtig zu Geltung kommen. Die Exkursion wird mir, nicht nur wegen Ephesos, noch lange in Erinnerung bleiben."
Max-Enzo Hoock (zum Reisezeitpunkt im 5. Fachsemester, BA Antike Kulturen)
Das Theater von Ephesos - (c) Max-Enzo Hoock
"Mein Führungsziel, das Apollon-Orakel von Klaros, wurde von unserer Gruppe am letzten Tag der Exkursion angesteuert. Trotz widrigem Wetter war vor Ort noch einiges der Tempelanlage zu sehen, die größtenteils unter Wasser stand. Das Orakel von Klaros ist weniger bekannt als die von Delphi und Didyma, zählt jedoch mit ihnen zu den wichtigsten drei Apollon-Orakeln. Meine Führung begann mit der 'Heiligen Straße', die an dem Tempel des Apollon endet, entlang derer sich Überreste von Denkmälern und Weihgeschenken befinden. Der Tempel selbst ist von einem Erdbeben zertrümmert worden, doch lassen sich noch die unterirdischen Kammern erkennen, in denen die Priester ihre Prophezeiungen vollzogen. Der Gründungslegende zufolge befand sich dort eine heilige Quelle, von der die Priester tranken und die Gabe des Sehens erlangten. Eine Besonderheit dieser Stätte sind außerdem die zahlreichen Inschriften, die in Säulen und Treppenstufen zu hunderten von den Besuchern eingeritzt wurden. Besonders eindrucksvoll waren für mich die etwa acht Meter großen Kolossalstatuen des Apollon, der Artemis und der Leto, die in Fragmenten möglichst originalgetreu direkt vor Ort so aufgerichtet wurden, dass ihre Größe deutlich wird."
Xenia Fink (zum Reisezeitpunkt im 1. Fachsemester, BA Antike Kulturen)
Das wasserreiche Heiligtum von Klaros - (c) Robert Wieland
Die Veranstaltung wurde finanziell unterstützt durch eine Förderung des Universitätsbundes Göttingen e.V. sowie durch Exkursionsbeihilfen der Philosophischen Fakultät. Im Namen der 19 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bedanken wir uns für die Unterstützung, ohne die sich eine solche aufwändige Unternehmung nicht hätte umsetzen lassen.