Große Italienexkursion: Am Fuß des Vesuv - Römisches Leben am Golf von Neapel (18. September - 02. Oktober 2018)
Der Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 n. Chr. zählt zu den bekanntesten Naturkatastrophen der antiken Geschichte. Die Bewohner der umliegenden Region wurden von der Eruption überrascht, der Berg war den Menschen der Antike bis dahin nicht als Vulkan im Bewußtsein, sondern eher für den guten Wein berühmt, der an seinen Abhängen wuchs. Mehrere römische Städte - Pompeii, Herkulaneum und Stabiae - wurden durch den Vulkanausbruch verschüttet. Ihre in der Neuzeit wieder ergrabenen Überreste gehören zu den wichtigsten Zeugnissen für die Erforschung des Alltagslebens der römischen Welt.
Unsere Route verlief auf den Spuren von Plinius d. Ä. im Uhrzeigersinn um den Golf. In Misenum standen wir an dem Ort, von dem die römische Flotte zu ihrer Rettungsaktion auslief. In den folgenden Tagen erkundeten wir unter anderem Baiae, Pozzuoli und Cumae - und bestiegen den Vesuv. Die zweite Woche war vor allem den vom Vulkanausbruch verschütteten Städten und Villen gewidmet und endete mit einem Tagesausflug nach Capri. Zu Beginn und als Abschluss der Fahrt hatten wir zudem längere Besuche in Neapel bzw. dem dortigen Nationalmuseum im Programm.
Eindrücke von teilnehmenden Studierenden
"Die zwei Exkursionswochen am Golf von Neapel hauchten vielen antiken Begebenheiten, die ich nur durch die Literatur kannte, Leben ein. Am Fuße des Vesuv bekam ich die Chance, die Zeit besonders um den Ausbruch 79 n. Chr. herum zu erforschen, was auch meine bescheidenen archäologischen Kenntnisse stark erweitert hat. Dabei war der Vulkan ein stetiger Begleiter: häufig nur als ferne Silhouette, wie in Misenum, wo Plinius d. Ä. nach dem Ausbruch eine Rettungsaktion aus dem Hafen startete, an dessen Strand wir standen; aber auch hochaufragend in Pompeji, wo wir mehrere Tage die Ruinen der Stadt und das antike Leben von Tempeln über Bordelle und Garküchen bis hin zu Wasserleitungen erkunden konnten; und schließlich auf dem Gipfel des Vulkans selbst, wo wir einen einmaligen Blick in den gewaltigen Krater, aber auch auf die umliegenden Phlegräischen Felder genossen. Neben Pompeji war gerade die Wanderung auf den Vulkanberg ein eindrückliches Erlebnis: Die aufreißenden Wolken offenbarten erst am Gipfel nach einem schrecklich nassen, nebligen Aufstieg, welch fantastische Landschaft um uns herum lag. Kein Wunder, dass die vielen Mückenstiche während der Fahrt gern in Kauf genommen wurden: Sie waren spätestens in Deutschland wieder verschwunden, doch die großartigen Erinnerungen blieben."
Carolina Römer (zum Reisezeitpunkt im 1. Fachsemester, M.Ed. Geschichte / Latein)
Kraterrand des Vesuvs - (c) Carolina Römer
"'Ich trink' drei Liter Cola mit Mentos!' Diese Liedzeile einer recht bekannten deutschen Band gab mir den entscheidenden Hinweis, den Vesuvaufstieg während unserer althistorischen Exkursion dazu zu nutzen, um der Gruppe mit Hilfe experimenteller Chemie den verheerenden Vesuvausbruch im Jahre 79 n. Chr. auf dem Gipfel visuell zu veranschaulichen. Denn jenem Ausbruch mit seiner Plinianischen Eruption - wie diese Art des Vulkanausbruchs aufgrund der detaillierten Beschreibung durch Plinius den Jüngeren bis heute genannt wird - lag ein ähnliches Phänomen zu Grunde, wie es beim sog. Cola-Mentos-Geysir zu beobachten ist: Die in Cola Light enthaltenen chemischen Verbindungen Kaliumbenzoat und Kohlendioxid sowie Aspartam führen zusammen mit dem im Mentos enthaltenen Gummi arabicum zu einer starken Schaumfontäne, was durch die Oberflächenstruktur von Mentos noch einmal verstärkt wird. Wenn man nach dem Einfüllen einiger Mentospastillen den Deckel ein wenig auf die Flasche schraubt, explodiert dieser nach kurzer Zeit und eine menschenhohe Fontäne steigt auf. Genau dieses Phänomen ereignete sich auch in jener Zeit, da sich nach dem letzten Ausbruch des Somma-Vesuvs im 8. Jahrhundert v. Chr. ein Pfropfen im Krater gebildet hatte, der das Ausströmen von Lava und damit eine Reduktion des Drucks innerhalb des Vulkans verhinderte.
Umso heftiger war dann der Ausbruch während der römischen Kaiserzeit, wie ihn Plinius (Plin. epist. VI 16,5f.; VI 20,11) beschreibt: 'Eine Wolke erhob sich, für die, welche aus der Ferne schauten, war es unsicher, von welchem Berg - dass es der Vesuv war, erkannte man später -; ihre Gestalt dürfte wohl am ehesten einer Pinie ähnlich gewesen sein. Denn sie wuchs wie mit einem Riesenstamm empor und teilte sich dann in mehrere Äste, wohl deshalb, weil sie von einem frischen Luftstrom emporgehoben wurde, dann aber, wenn dieser nachließ, den Auftrieb verlor, oder auch weil sie sich wegen ihres Eigengewichtes in die Breite verflüchtigte. [...] Nicht viel später senkte sich jene Wolke auf die Erde herab und bedeckte das Meer. Schon hatte sie Capri rings umschlossen und verhüllt, das Vorgebirge von Misenum unseren Blicken entzogen.'
So konnten die Exkursionsteilnehmer, die es auf den Kraterrand des Vesuvs geschafft hatten, in kürzester Zeit nachvollziehen, was sich seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. unterhalb des Somma-Vesuvs abspielte und schließlich zur verheerenden Katastrophe im ersten Jahrhundert n. Chr. geführt hat, die für Altertumswissenschaftler wie uns paradoxerweise durch die versunkenen und archäologisch wieder erschlossenen Städte, wie das auf dem Foto zu sehende Herculaneum, ein großer Glücksfall bleibt."
Sven-Philipp Brandt (zum Reisezeitpunkt im 3. Promotionsjahr Alte Geschichte)
Das freigelegte Herculaneum - (c) Sven-Philipp Brandt
Die Veranstaltung wurde finanziell gefördert durch Exkursionsbeihilfen der Philosophischen Fakultät. Im Namen der 19 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bedanken wir uns für die Unterstützung, ohne die sich eine solche aufwändige Unternehmung nicht hätte umsetzen lassen.