RNA-Editierung in Hyphenpilzen
Wir analysieren die mRNA-Editierung in Pilzen am Modellorganismus Sordaria macrospora . Dieser Hyphenpilz aus der Gruppe der Ascomyceten hat einen einfachen Lebenszyklus, der im Labor innerhalb von sieben Tagen abgeschlossen wird. Erst vor kurzem wurde in filamentös wachsenden Ascomyceten die Adenosin (A) zu Inosin (I) Editierung von mRNA nachgewiesen. Sie findet ausschließlich während der sexuellen Entwicklung, genauer, bei der Bildung sexueller Fruchtkörper und Sporen statt. Wie die Editierung in Ascomyceten enzymatisch katalysiert wird, ist bisher unbekannt.
Identifikation von Editierungsstellen
Editierungsstellen können auf RNA-Ebene durch RNA-Seq identifiziert werden. Durch den Vergleich von Transkripten aus vegetativen Zellen und Fruchtkörpervorstufen konnten wir zeigen, dass die Editierung in sexuellen Entwicklungsstadien auftritt. Die Gene, deren Transkripte von RNA-Editierung betroffen sind, bezeichnen wir als edited in fruiting body development (efd)-Gene. In Kooperation mit dem ISAS e.V. (Dortmund) konnten wir zeigen, dass die editierten Transkripte translatiert werden und Proteine mit geänderter Aminosäuresequenz kodieren. Hierzu wurden sowohl Homologie-basierte Datenbanken als auch Proteogenomics-Ansätze verwendet.
Auswirkung von RNA-Editierung auf Proteinfunktionen
Die Editierung von A zu I in mRNA ändert zunächst einmal die Basenabfolge und damit möglicherweise auch die Struktur der mRNA. Aber auch auf Proteinebene können sich Änderungen der Aminosäuresequenz ergeben, da das Ribosom I als Guanosin (G) interpretiert. Damit führt die mRNA-Editierung u.U. zur Diversifizierung des Proteoms. Editierungsstellen in Pilzen liegen meist in kodierenden Bereichen. Daher können sie Aminosäure-Kodons oder Stoppkodons ändern (Abbildung 1). Wir fokussieren uns zurzeit auf die sogenannte stop loss-Editierung. Hierbei wird ein TAG Stoppkodon zu einem TGG Tryptophankodon editiert, sodass das translatierte Protein länger wird, und zwar um so viele Aminosäuren, wie in der 3'-UTR bis zum nächsten im Leserahmen liegenden Stoppkodon kodiert werden.
Mit genetischen, molekularbiologischen und zellbiologischen Methoden bearbeiten wir die folgenden Fragestellungen:
1. Welche Funktion haben EFD-Proteine während der Fruchtkörperbildung?
2. Ist die Editierung, und damit die Verlängerung des Proteins, notwendig für dessen Funktion?
3. Welche zusätzlichen Eigenschaften erhalten EFD-Proteine durch die C-terminale Verlängerung?
Abbildung: Arten von mRNA-Editing und möglicher Zusammenhang mit der Pathogenese von Pilzen. Teichert I (2018)
Das Editieren nuklearer mRNA führt zu einer Diversifizierung des Proteoms, während das Editieren plastidärer, mitochondrieller und kinetoplastischer mRNA meist restorativ wirkt. Verschiedene Editing-Ereignisse (durch blaue Sternchen gekennzeichnet) treten sowohl bei organellaren als auch bei nuklearen Transkripten auf. Die gewellten Linien zeigen die Transkripte an. Beim menschlichen Parasiten Trypanosoma brucei werden Transkripte, die von der Maxicircle-DNA (schwarz in kDNA) abgeleitet sind, mit Hilfe von guide RNA (rot) editiert, die von der Minicircle-DNA (rot in kDNA) abgeleitet ist. Der pflanzenpathogene Pilz Fusarium graminearum zeigt A-to-I-Editierung von Kerntranskripten während der späten Sexualphase. Das Editing führt zu verschiedenen Veränderungen auf der Proteinebene, wie im blau umrandeten Kasten dargestellt. Das Editing verschiedener Transkripte kann die Reifung von Fruchtkörpern sowie die Bildung und den Austritt von Ascosporen (blaue Pfeile) beeinflussen, die das primäre Inokulum dieses Pilzes darstellen. A, Adenosin; I, Inosin, kDNA, kinetoplastide DNA.
Förderung
Unsere Forschung wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert (TE977/2-1, TE977/2-2).
Ausgewählte Publikationen
Hamann A, Osiewacz HD, Teichert I (2022) Sordaria macrospora sterile mutant pro34 is impaired in respiratory complex I assembly. J Fungi 8:1015. https://doi.org/10.3390/jof8101015
Dahlmann TA, Terfehr D, Becker K, Teichert I (2021) Golden Gate vectors for efficient gene fusion and gene deletion in diverse filamentous fungi. Curr Genet 67(2):317-330. https://doi.org/10.1007/s00294-020-01143-2
Teichert I (2020) Fungal RNA editing: who, when, and why? Appl Microbiol Biotechnol 104(13):5689-5695. https://doi.org/10.1007/s00253-020-10631-x
Blank-Landeshammer B, Teichert I, Märker R, Nowrousian M, Kück U, Sickmann A (2019) Combination of proteogenomics with peptide de novo sequencing identifies new genes and hidden posttranscriptional modifications. mBio 10(5):e02367-19. https://doi.org/10.1128/mbio.02367-19
Teichert I (2018) Adenosine to inosine mRNA editing in fungi and how it may relate to fungal pathogenesis. PLoS Pathog 14(9):e1007231. https://doi.org/10.1371/journal.ppat.1007231
Teichert I, Dahlmann T, Kück U, Nowrousian M (2017) RNA editing during sexual development occurs in distantly related filamentous ascomycetes. Genome Biol Evol 9:855-868. https://doi.org/10.1093/gbe/evx052
Teichert I, Nowrousian M, Pöggeler S, Kück U (2014) The filamentous fungus Sordaria macrospora as a genetic model to study fruiting body development. Adv Genet 87:199-244. https://doi.org/10.1016/B978-0-12-800149-3.00004-4