Titel des Projekts:
„Die Harmonisierung des Urheberpersönlichkeitsrechts in Europa“
1. Gegenstand und Fragestellung
Obwohl die Gemeinschaft sich seit fast drei Jahrzehnten mit dem Urheberrecht befaßt und in den letzten zehn Jahren insgesamt sieben urheberrechtliche Richtlinien in Kraft getreten sind, war das für das gesamte Urheberrecht fundamentale Urheberpersönlichkeitsrecht (UPR) bislang nicht Gegenstand europäischer Harmonisierungsinitiativen. Vor diesem Hintergrund fragt die vorliegende Arbeit, ob die Harmonisierung des UPR in der Europäischen Union erforderlich und möglich ist und wenn ja, wie das UPR auf europäischer Ebene harmonisiert werden sollte. Bislang herrscht in der Literatur die Ansicht, eine Harmonisierungsinitiative im Bereich des UPR fehle, weil gerade in diesem Bereich die Dichotomie zwischen dem kontinentaleuropäischem Droit d´auteur-System und dem britisch-irischem Copyright-System besonders stark hervortrete und überdies Unsicherheiten über die Kompetenz der Gemeinschaft zur Harmonisierung des UPR bestünden. Die Dissertation untersucht daher eingehend die Fragen nach einer die Systemgegensätze überbrückenden Harmonisierbarkeit des UPR und den entsprechenden Kompetenzen der Gemeinschaft.
2. Forschungsprogramm und Auswahl der Rechtsordnungen
Um die forschungsleitenden Fragen nach der Erforderlichkeit, Möglichkeit und dem Inhalt einer Harmonisierung des UPR zu beantworten, wird die Untersuchung nach einem Einblick in Bedeutung und Geschichte des UPR darstellen, welche Rolle es bislang auf internationaler und europäischer Ebene gespielt hat. Die Frage nach den Kompetenzen der Gemeinschaft zur Harmonisierung des UPR soll vor der Analyse der Argumente für eine Harmonisierung beantwortet werden. Die Darstellung der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Vorschriften ausgewählter Mitgliedstaaten wird dann zu den Überlegungen führen, welchen Inhalts eine Harmonisierungsrichtlinie über das UPR sein sollte. Am Ende der Untersuchung steht der Vorschlag für eine Richtlinie zur Harmonisierung des UPR in Europa.
Zur rechtsvergleichenden Vorbereitung des Vorschlags einer Richtlinie zur Harmonisierung des UPR werden die Rechtsordnungen Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands untersucht. Diese Auswahl ist von der Hoffnung getragen, daß ein auf der Grundlage der drei untersuchten Länder gefundener Kompromiß für die Durchsetzbarkeit einer entsprechenden Regelung im Rahmen einer Harmonisierung des UPR in der gesamten EU spricht. Frankreich wurde ausgewählt, weil es das Mutterland des droit moral ist und mit seiner dualistischen Grundkonzeption Vorbild für die Mehrheit der kontinentaleuropäischen Urheberrechtsgesetze war, überdies weisen die französische Rechtsprechung und Gesetzgebung zum UPR das höchste urheberpersönlichkeitsrechtliche Schutzniveau in Europa auf. Für die Wahl Großbritanniens sprach zum einen, daß das Spektrum des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Schutzes in Europa zwischen den Extremen des schutzintensiven Frankreich und des schutzschwachen Großbritannien liegt, zum anderen, daß es zusammen mit Irland über die einzige Rechtsordnung in der Europäischen Gemeinschaft verfügt, die in der Copyright-Tradition der Common-Law-Staaten steht, während die übrigen dreizehn Mitgliedstaaten als Vertreter des Droit d´auteur-Systems gelten dürfen. Deutschland wurde schließlich ausgewählt, weil es neben Österreich unter den EU-Mitgliedstaaten der einzige Vertreter der sog. monistischen Theorie ist und als zweites Mutterland des UPR gelten darf.
3. Bezug zum Rahmenthema des Graduiertenkollegs
Der Bezug der Arbeit zur Frage nach der Zukunft eines Europäischen Sozialmodells ergibt sich aus der Funktion des UPR. Als seiner Rechtsnatur nach unübertragbares Bündel aus Befugnissen schützt das UPR den Urheber im Fall einer ungleichen Verhandlungsposition zwischen Urhebern und der Verwertungsindustrie. Wie das Verbraucherschutzrecht setzt das UPR einen nicht verzichtbaren Mindeststandard für den Schutz der Integrität des Werkes und des Respekts der Person des Schöpfers eines Werkes im Verwertungsprozeß. Durch diesen Schutz der schwächeren Vertragspartei wirkt es als sozialer Ausgleichsmechanismus und ist geeignet, die soziale Stellung der Kulturschaffenden in Europa zu verbessern. Die Kommission bezeichnet das Urheberrecht als kulturpolitisches Instrument, das über die Einkommenssicherung für die Urheber die Entwicklung der geistigen und künstlerischen Produktion innerhalb der Gemeinschaft fördere. Dies gilt in besonderer Weise für das UPR. Eine Harmonisierung des UPR auf hohem Schutzniveau einen Beitrag zur Schaffung eines “Europäischen Sozialmodells”, verstanden im Sinne eines europaweiten Modells für einen gerechten Interessenausgleich im Bereich der Kulturwirtschaft leisten.
4. Bisherige Ergebnisse
Es konnte nachgewiesen werden, dass eine Kompetenz der Gemeinschaft zur Harmonisierung des UPR gem. Art. 95 ( 100 a a. F. ) EGV und Art. 47 Absatz 2, 55 ( Art. 57 II, 66 a. F. ) EGV besteht. Überdies konnte bewiesen werden, dass eine Harmonisierung des UPR nicht nur möglich, sondern auch erforderlich ist und es zur Harmonisierung dieses Rechtsgebietes keiner Systementscheidung zwischen dem kontinentaleuropäischen Droit d´auteur-System und dem Copyright-System Irlands und Großbritanniens bedarf.