Das Programm ‚Förderunterricht‘ der Stiftung Mercator

Mit einer Initiative zur Verbesserung der sprachlichen und fachlichen Fähigkeiten von jungen Migran-tinnen und Migranten durch außerschulischen Förderunterricht von Studierenden in pädagogischen Studiengängen fördert die Stiftung Mercator seit dem Jahr 2004 mit ca. 10 Mio. Euro Projekte an ins-gesamt 35 Standorten in 14 deutschen Bundesländern. Das Projekt ‚Förderunterricht für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund‘ erreichte in der ersten Förderrunde etwa 6.000 Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I und II, die durch ca. 1.500 Studierende gefördert werden.

Die Stiftung reagiert damit auf die demographische Veränderung der deutschen Gesellschaft und den wiederholt diagnostizierten erziehungswissenschaftlichen Befund, dass Kinder aus Familien mit Migra-tionshintergrund im deutschen Bildungssystem u.a. aufgrund von Sprachdefiziten zum Teil drastisch benachteiligt sind. Die Projekte in der Förderlinie der Stiftung bieten mit einem gemeinsamen Ansatz und unterschiedlichen Schwerpunkten im Bildungssystem und mit verschiedenen inhaltlichen und organisatorischen Ansätzen Förderunterricht für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in Kleingruppen an, der von Studierenden des Lehramts und anderer pädagogischer Studiengänge rea-lisiert wird.

Das Förderprogramm der Mercator-Stiftung geht auf ein Fördermodell an der Universität Duisburg-Essen zurück, wo bereits seit mehreren Jahrzehnten Kinder und Jugendliche mit Lernschwierigkeiten durch Studierende im Lehramt pädagogische Unterstützung und zusätzliche Angebote erhalten. Mit der Entwicklung der Initiative ‚Förderunterricht‘, die inzwischen zum größten Einzelprojekt deutscher Stiftungen im Bereich von Integration und Migration angewachsen ist, wurde dieses Modell auf eine Vielzahl weiterer Standorte übertragen.

Der Förderunterricht dient damit sowohl den Schülerinnen und Schülern, die zusätzlich zu schulischen Angeboten Lernchancen und gezielte Angebote erhalten, wie auch den Studierenden, die im Rahmen ihrer Tätigkeit wertvolle Erfahrungen im Umgang mit sprachlicher und sozialer Heterogenität und Interkulturalität gewinnen sowie darüber hinaus Gelegenheit haben, spezifische Unterrichtsmethoden und eigene pädagogische Konzepte zu entwickeln und zu erproben. Für die beteiligten Universitäten bietet der Förderunterricht die Chance, dauerhafte Kooperationen mit Schulen und anderen Einrich-tungen zu pflegen und erfolgversprechende Modelle für die praktische Ausbildung der Studierenden mit Unterstützung der Stiftung implementieren zu können.

Eine Evaluation des Projekts durch das Europäische Forum für Migrationsstudien (efms) an der Uni-versität Bamberg kam zu dem Ergebnis, dass der Förderunterricht bei den geförderten Schülerinnen und Schülern erheblich zur Verbesserung der Schulleistungen in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch beiträgt. Leistungsschwache und versetzungsgefährdete Lernende profitierten dabei am meisten von den Angeboten. Auch die Förderlehrerinnen und -lehrer bewerteten das Projekt als sehr gewinnbringend und empfanden es als zentrale praktische Erfahrung innerhalb ihrer theoretischen Ausbildung.

Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge erlernt ein erheblicher Teil der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund die deutsche Sprache als Zweitsprache und ist damit durch sprachliche Defizite in der Schulsprache in ihrem Lernerfolg deutlich benachteiligt, was auf dem Bildungssektor zur Segregation von Lernenden mit Migrationshintergrund im Bereich niedriger qualifizierender Schulformen führt und auf der gesellschaftlichen Ebene Integrationsprobleme nach sich zieht.

Im Unterschied zu einigen anderen Bundesländern wird der Umgang mit Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund dabei in Niedersachsen auf dem Feld der Lehrerbildung nur in eingeschränktem Maße berücksichtigt. So ist das Studium von Deutsch als Zweitsprache in der hiesigen Lehrerausbildung noch nicht verpflichtend und angehende Lehrerinnen und Lehrer haben nur an einigen Ausbildungsstandorten die Möglichkeit, in entsprechenden Schulpraktika speziell den schulischen Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu erproben.

Die Mercator-Projekte schaffen genau in diesem Bereich ein wichtiges Angebot:


  • für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund (und zum Teil auch für deutsche Ler-nende mit Lerndefiziten im Bereich der deutschen Sprache),
  • für Studierende in der Lehramtsausbildung, die auf dem Feld der Bildung von Lernenden mit Migrationshintergrund theoretisch wie praktisch ausgebildet werden
  • und nicht zuletzt für die Schulen, denen mit den Fördergruppen wichtige Unterstützungsleis-tungen für die Arbeit mit dieser Schülergruppe zur Verfügung gestellt wird.

  • Im Land Niedersachsen sind insgesamt drei Standorte in der Projektinitative der Stiftung Mercator zum Förderunterricht aktiv. Dabei handelt es sich um das Projekt ‚LernKUHLT‘ unter Leitung von Prof. Dr. Olga Graumann und Yvonne Dhaouadi an der Universität Hildesheim, das Projekt ‚Förderunterricht Deutsch als Zweitsprache‘ das unter Leitung von Dr. Magdalena Michalak an der Leuphana Universität Lüneburg realisiert wird und schließlich das Projekt ‚Kompetenzen bilden!‘ das unter Leitung von Prof. Dr. Katja Koch, Jun.-Prof. Dr. Nicolle Pfaff und Prof. Dr. Hermann Veith als Nachfolgeprojekt des Projekts ‚Komm her – mach mit‘ an der Universität Göttingen entwickelt wurde.

    Gemeinsam ist den Projekten die intensive Zusammenarbeit mit Schulen und außerschulischen Ein-richtungen, die stark von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund frequentiert werden. Die Projekte leisten damit einen gemeinsamen Beitrag zur schulischen und gesellschaftlichen Integration dieser Schülerinnen und Schüler. Zugleich schaffen sie eine Basis für eine weitgehend einheitliche Förderung von Lernenden mit Migrationshintergrund, von auszubildenden Lehrerinnen und Lehrern sowie von Schulen und Nachbarschaftszentren im Bundesland. Durch die Einbindung der Projekte in die Lehrerausbildung an den drei Standorten wird außerdem eine nachhaltige Implementation des Lehr-Lern-Bereichs der Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund in die neuen Strukturen der Lehrerausbildung im Bachelor- wie auch im Master-Studium erreicht.

    Im Folgenden werden die Projekte mit ihren spezifischen Schwerpunkten knapp vorgestellt, bevor in einem abschließenden Abschnitt die Inhalte und der Antragsumfang der vom Innenministerium des Landes Niedersachsen erbetenen Unterstützung ausführlich dargestellt werden. Mit der beantragten Förderung soll einerseits die Arbeit der Einzelprojekte an den drei Standorten entsprechend der dorti-gen Arbeitsbedingungen unterstützt werden. Andererseits soll damit eine noch stärkere Vernetzung der drei Projekte, sowie durch eine Öffnung der Projektarbeit für Lehrerinnen und Lehrer an Schulen im Bundesland im Sinne von Lehrerfort- und -weiterbildungen eine stärkere Integration der Projektarbeit in die schulische Bildung im Land Niedersachsen erreicht werden.

    Webseite der beiden anderen niedersächsischen Projekte:
    Uni Hildesheim
    Leuphana Universität Lüneburg

    Mercator-Koordinationsbüro Uni Göttingen (Pädagogisches Seminar)

    Berlind Perske
    Tel.: 0551 - 399456
    Kontakt