DFG-Projekt
„Bewertungskompetenz für systematisches Entscheiden in komplexen Situationen Nachhaltiger Entwicklung“
im Rahmen des Schwerpunktprogramms 1293 „Kompetenzmodelle zur Erfassung individueller Lernergebnisse und zur Bilanzierung von Bildungsprozessen“
Antragsteller*innen:
Prof. Dr. Susanne Bögeholz, Dr. Sabina Eggert, Prof. Dr. Marcus Hasselhorn, Prof. Dr. Rainer Watermann.
Mitarbeiter*innen im Projekt:
Ellen Gausmann, Stephan Teschner, Carolin Ziese
Laufzeit:
Oktober 2007 – Februar 2015.
Projektbeschreibung:
Was befähigt Personen, um in komplexen Situationen im Sinne Nachhaltiger Entwicklung systematisch und begründet zu entscheiden? Dies ist eine zentrale Frage zur Umsetzung des Kompetenzbereichs Bewertung der Nationalen Bildungsstandards für die naturwissenschaftlichen Fächer. Bewertungskompetenz ermöglicht es, kompetent am gesellschaftlichen Diskurs um Themen von ökologischer, ökonomischer und sozialer Relevanz teilhaben zu können. Im Projekt wird Bewertungskompetenz im Kern definiert als die Fähigkeit, komplexe Bewertungs- und Entscheidungssituationen erfolgreich bewältigen zu können. Dabei ist zum einen bereichsspezifisches Wissen erforderlich, zum anderen sind prozedurale Kompetenzen im Hinblick auf Informationssuch- und Verarbeitungsprozesse sowie Bewertungs-, Argumentations- und Entscheidungsprozesse notwendig.
Zur Operationalisierung von Bewertungskompetenz wurde zunächst ein Kompetenzmodell für Bewertungskompetenz im Kontext Nachhaltiger Entwicklung theoretisch hergeleitet (Bögeholz, 2007, 2011, 2013). Das Strukturmodell beschreibt verschiedene einander komplementäre Teilkompetenzen von Bewertungskompetenz: a) Verstehen und Reflektieren von Werten und Normen, b) Generieren und Reflektieren von Sachinformationen und c) Bewerten, Entscheiden und Reflektieren. Alle drei Teilkompetenzen wurden konsequent für Fragestellungen Nachhaltiger Entwicklung beschrieben und operationalisiert. Bei der ersten Teilkompetenz geht es v.a. um konzeptuelles Wissen über nachhaltigkeitsrelevante Werte und Normen, die in komplexen Umweltproblemsituationen eine Rolle spielen. Die anderen beiden v.a. prozeduralen Teilkompetenzen beschreiben die Fähigkeiten von Lernenden, Handlungsoptionen zur Lösung von Umweltproblemsituationen entwickeln und bewerten zu können. Dazu sind Informationssuch- und Verarbeitungsprozesse notwendig sowie die Fähigkeit, mehrere Handlungsoptionen miteinander vergleichen bzw. gegeneinander abwägen zu können, und schließlich eine begründete Entscheidung zu treffen (Eggert & Bögeholz, 2006).
Das Projekt wurde insgesamt in allen drei Phasen des Schwerpunktprogramms 1293 "Kompetenzmodelle zur Erfassung individueller Lernergebnisse und zur Bilanzierung von Bildungsprozessen" durch die DFG gefördert. In den drei Förderphasen wurden zunächst die beiden prozeduralen Teilkompetenzen des Modells operationalisiert und validiert (Eggert & Bögeholz, 2010; Gausmann, Eggert, Hasselhorn, Watermann & Bögeholz, 2010). Zum Einsatz kamen Messmodelle der Item Response Theorie. Es wurden Testinstrumente auf Basis des Entwicklungszyklus von Wilson entwickelt (Eggert & Bögeholz, 2014). Die entwickelten Testinstrumente wurden im Anschluss in Interventionsstudien zur Förderung von Bewertungskompetenz bei Schüler*innen eingesetzt, um Kompetenzzuwächse zu untersuchen (z.B. Eggert, Bögeholz, Hasselhorn & Watermann, 2010; Eggert, Ostermeyer, Hasselhorn & Bögeholz, 2013). Des Weiteren wurde in der dritten Förderphase eine experimentelle Validierung mit allgemeinem, fächerübergreifendem Problemlösen durchgeführt (Bögeholz, Eggert, Ziese & Hasselhorn, 2017).
Aufbauend auf der DFG-geförderten Forschung wurde in Kooperation mit der Physikdidaktik ein reliables und valides Messinstrument zur Teilkompetenz Bewerten, Entscheiden und Reflektieren für den Kontext Energie entwickelt (Sakschewski, Eggert, Schneider & Bögeholz, 2014). Zudem wurden die im SPP 1293 entwickelten Instrumente für Bewertungskompetenz im DFG-Graduiertenkolleg 1195 „Passungsverhältnisse schulischen Lernens“ in weiteren Interventionsstudien zur Förderung von Bewertungskompetenz genutzt (Gresch, Hasselhorn & Bögeholz, 2013, 2015).
Ausgewählte Veröffentlichungen:
Bögeholz, S. (2007). Bewertungskompetenz für systematisches Entscheiden in komplexen Gestaltungssituationen Nachhaltiger Entwicklung. In D. Krüger & H. Vogt (Hrsg.), Theorien in der biologiedidaktischen Forschung (S. 209-220). Berlin: Springer.
Bögeholz, S. (2011). Bewertungskompetenz im Kontext Nachhaltiger Entwicklung: Ein Forschungsprogramm. In D. Höttecke (Hrsg.), Naturwissenschaftliche Bildung als Beitrag zur Gestaltung partizipativer Demokratie. Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik. Jahrestagung in Potsdam 2010 (S. 32-46). Münster: LIT-Verlag.
Bögeholz, S. (2013). Bewerten der Anwendung biologischer Erkenntnisse. In H. Gropengießer, U. Harms & U. Kattmann (Hrsg.), Fachdidaktik Biologie (9. Aufl.) (S. 71-77). Hallbergmoos: Aulis Verlag.
Bögeholz, S., Eggert, S., Ziese, C., & Hasselhorn, M. (2017). Modeling and Fostering Decision-Making Competence regarding Challenging Issues of Sustainable Development. In D. Leutner, J. Fleischer, J. Grünkorn & E. Klieme (Eds.), Competence Assessment in Education: Research, Models and Instruments (pp. 263-284). Berlin, Heidelberg: Springer.
Eggert, S., & Bögeholz, S. (2006). Göttinger Modell der Bewertungskompetenz. Teilkompetenz Bewerten, Entscheiden und Reflektieren für Gestaltungsaufgaben Nachhaltiger Entwicklung. Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, 12, 199-217.
Eggert, S., & Bögeholz, S. (2010). Students' Use of Decision Making Strategies with regard to Socioscientific Issues - An Application of the Rasch Partial Credit Model. Science Education, 94, 230-258.
Eggert, S., & Bögeholz, S. (2014). Entwicklung eines Testinstruments zur Messung von Schülerkompetenzen? Umgang mit komplexen Umweltproblemsituationen. In D. Krüger, I. Parchmann & H. Schecker (Hrsg.), Methoden in der naturwissenschaftsdidaktischen Forschung (S. 371-384). Berlin, Heidelberg: Springer.
Eggert, S., Bögeholz, S., Hasselhorn, M., & Watermann, R. (2010). Förderung von Bewertungskompetenz im Biologieunterricht durch zusätzliche Strukturierungshilfen beim Kooperativen Lernen – Ein Beispiel für Veränderungsmessung. Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, 16, 315-327.
Eggert, S., Ostermeyer, F., Hasselhorn, M., & Bögeholz, S. (2013). Socioscientific Decision Making in the Science Classroom: The Effect of Embedded Metacognitive Instructions on Students? Learning Out-comes. Education Research International, Article ID 309894, 12 pages, 2013. doi:10.1155/2013/309894
Gausmann, E., Eggert, S., Hasselhorn, M., Watermann, R., & Bögeholz, S. (2010). Wie verarbeiten Schülerinnen und Schüler Sachinformationen in Problem- und Entscheidungssituationen Nachhaltiger Entwicklung - Ein Beitrag zur Bewertungskompetenz. In E. Klieme, D. Leutner & M. Kenk (Hrsg.), Kompetenzmodellierung. Zwischenbilanz des DFG-Schwerpunktprogramms und Perspektiven des Forschungsansatzes. 56. Beiheft der Zeitschrift für Pädagogik, Weinheim u.a.: Beltz, 204-215.
Gresch, H., Hasselhorn, M., & Bögeholz, S. (2013). Training in Decision-making Strategies: An approach to enhance students' competence to deal with socio-scientific issues. International Journal of Science Education, 35(15), 2587-2607.
Gresch, H., Hasselhorn, M., & Bögeholz, S. (2015). Enhancing Decision-Making in STSE Education by Inducing Reflection and Self-Regulated Learning. Research in Science Education 47(1), 95-118. doi: 10.1007/s11165-015-9491-9
Sakschewski, M., Eggert, S., Schneider, S., & Bögeholz, S. (2014). Students' Socioscientific Reasoning and Decision-making on Energy-related Issues. Development of a measurement instrument. International Journal of Science Education, 36(14), 2291-2313. doi: 10.1080/ 09500693.2014.920550