Prof. Dr. Hartmut Bleumer

Professor für Deutsche Philologie / Ältere Deutsche Sprache und Literatur


  • Seit 2004 Professor für Ältere Deutsche Sprache und Literatur an der Universität Göttingen
  • 2003 Lehrstuhlvertretung in München
  • 2003 Habilitation an der Universität Hamburg
  • 1996–2002 Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Hamburg
  • 1995 Promotion an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
  • 1991 Magisterexamen
  • ab 1984 Studium der Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

  • Theoretische und methodische Schwerpunkte: Historische Narratologie – historische Ästhetik – Medialität der Lyrik – Gattungsinterferenzen
  • Historische Forschungsschwerpunkte: Artus- und Minneroman – Heldendichtung und Geschichtserzählung – Minnesang und Lieddichtung


›Agon und Objekt. Katalog und narrative Ästhetik‹

Bleumer

Gemeinsam mit Joana Thinius gehe ich in letzter Zeit der Frage nach, wie ästhetische Objekte in älterer erzählender Literatur die Lektüre der Texte bestimmen, d.h. wie solche Objekte einerseits die erzählte Handlung systematisch steuern, andererseits aber auch die Lektüre der Texte insgesamt beeinflussen. Mich interessieren dabei – im Anschluss an meine vorherigen Arbeiten – besonders die Ereignishaftigkeit der Objektästhetik sowie die poetische Fiktion der Dinglichkeit in ihrem Einfluss auf die Figuren wie auf die heutige Rezeption. Dabei liegt der theoretische Akzent auf der Annahme, dass Anregungen der bildenden Kunst und Kunsttheorie, wo sie seit der Moderne den Objektbegriff kritisch auflösen, über ihre auffälligen Gemeinsamkeiten mit Bild- und Raumeffekten vormoderner literarischer Texte geeignet sein können, der alternativen Ästhetik älterer Literatur näher zu kommen.
Dazu arbeite ich aktuell an einem Buchprojekt unter dem Titel ›Agon und Objekt. Katalog und Erzählung‹. Mit Joana Thinius versuche ich zugleich ein stratifiziertes Beschreibungs- und Interpretationsmodell zu entwickeln, das die Grundlage für einen ›Katalog ästhetischer Objekte in vormoderner Erzählliteratur‹ bieten kann. Dazu diskutieren wir aktuell gemeinsam mit Gianna Nikulski ausgewählte, signifikante Objekte in ihrem ästhetischen Wert, von ihrer dinglichen Anmutung im dargestellten Geschehen bis hin zu ihren metaphorischen Ansprüchen im Rahmen der narrativen Semantik.

  • mit Joana Thinius: Architektonische Ordnungen: ›Parzival‹ und ›Tristan‹. Zwei Versuche zum aggregativen Potential ästhetischer Objekte, in: Nicht unbedingt. Mensch-Ding-Beziehungen in mediävistischer Sicht. Hrsg. von Sophie Marshall und Justin Vollmann. Berlin, Basel 2024 (im Druck), S. 179 –272.
  • Erinnerungsfiguren. Rätselfragen der sogenannten Unsinnspoesie und die lebendige Form im ›Wachtelmäre‹. In: Die neuen Texte der Deutschen Versnovellistik. Hrsg. von Judith Klinger und Katharina Philipowski. Berlin/Basel 2024 (i. Dr.), S. 271–311.
  • Adam und der ›Parzival‹. Ein Versuch zu Paradiessemantik und Gralssemiotik. In: Paradiesgemeinschaften. Raumzeitliche und soziale Aspekte von Paradiesdarstellungen in der Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Hrsg. von Tilo Renz, Hannah Rieger und Julia Weitbrecht. Berlin 2024 (Beiheft der Zeitschrift für deutsche Philologie 24, i. Dr.), S. 273–301.
  • Die Qualität des Endes. Zum Leben der Form in der ›Halben Birne‹. In: Brüchige Finalität. Erzähl- und kulturhistorische Perspektiven auf das Ende in vormoderner Kleinepik. Hrsg. von Mareike von Müller und Michael Schwarzbach-Dobson. Oldenburg 2024 (BmE Sonderheft – Brevitas 3, i. Dr.).
  • Das Abenteuerschiff. Vom Topos zur Transzendenz. In: Steigerungen und Randgänge. Mittelalterliches Aventiurenerzählen und seine Transzendenzen. Hrsg. von Philip Reich und Michael Waltenberger. München (Philologie des Abenteuers 8, i. Dr.)


Vollständiges Publikationsverzeichnis


Joana Thinius: ›Höfische Objekte. Zur Diagrammatik der Dinge in Wolframs Parzival und Gottfrieds Tristan‹

Thinius

Anhand der beiden kontrastierenden Großwerke befasst sich mein Dissertationsprojekt mit Objekten, die sich als imaginative Verhandlungsorte diagrammatischer Strukturen erweisen. Dabei gehe ich einerseits von einer Relaisfunktion der Objekte aus, deren Deixis als Mittler zwischen narrativen Strukturen und der rezeptionsästhetischen Diagrammatik fungiert, sowie andererseits von ihrer figurierenden Rolle für die Entfaltung einer Poetik der Gesamtwerke. Aus diesem Interessensschwerpunkt ergeben sich Fragen nach der alteritären Ästhetik des ›dinges‹, der ›crêatûre‹ wie auch ›sache‹ und ihrem diskursiven Potential innerhalb eines spezifisch höfischen Wertehorizonts.


Aktuelle Publikationen

  • zus. mit Bleumer, Hartmut: Architektonische Ordnungen. ‚Parzival‘ und ‚Tristan‘. Zwei Versuche zum aggregativen Potential ästhetischer Objekte. In: Ästhetik der Dinge, dingliche memoria, Ding-Semiotik. Zu materiellen Aspekten von Perzeption und Kognition in mittelalterlicher Literatur und Theorie. Hrsg. von Sophie Marshall. Berlin/Basel: Schwabe 2024 [im Erscheinen].
  • Diagramm und Ding. Die Wundersäule als ästhetisches Objekt in Wolframs „Parzival“. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 142 (2023), S. 61–94.
  • Das diagrammatische Netz der Fülle. Arofels Schild als stillgelegtes Objekt in Wolframs „Willehalm“. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 143,1 (2024), S. 61–94.
  • Begegnung im Phantasma. Die begir des Objekts in Der Traum im Garten vom Elenden Knaben. In: Dinge träumen. Dingwelten und Traumkulturen in interdisziplinärer Perspektive. Hrsg. von Hannah Steurer und Joachim Rees. Paderborn: Brill Fink 2024 (Traum – Wissen – Erzählen 18) [im Erscheinen].
  • Im Spiegel des Objekts. Tristans Schwert zwischen Analogie und Oxymoron. In: Reflexion & Illumination. Facetten analogischer Bedeutungsbildung in der Vormoderne / Facettes de la production de sens par analogie dans l‘époque prémoderne. Hrsg. von René Wetzel, Katharina Gedigk und Robert Gisselbaek. Basel: Schwabe 2024 (Significatio 2) [im Erscheinen].


Abschlussarbeiten können bei mir grundsätzlich zu allen Studienschwerpunkten des germanistischen Teilfaches geschrieben werden, d.h. je nach individueller Interessenlage lassen sich Themen zu Bachelor- und Masterarbeiten aus dem ganzen Bereich der älteren Literatur vom frühen Mittelalter bis in die frühe Neuzeit absprechen. Darüber hinaus sind auch kooperative Betreuungen zu Themen in Verbindung mit der neueren Literaturwissenschaft, Fachdidaktik oder anderer mediävistischer Fachdisziplinen, etwa im Studiengang des ›Zentrums für Mittelalter- und Frühneuzeitforschung‹, möglich. Alle Arbeiten werden entsprechend der aktuellen Forschungsstände im Rahmen der Anforderungen an den jeweiligen Qualifikationsabschnitt betreut, wobei es darum geht, eigene methodische und theoretische Akzente in der Vorbereitung und Beratung besonders zu unterstützen. Hier einige Beispiele für Themenabsprachen aus in den letzten fünf Jahren abgeschlossenen, besonders interessanten Arbeiten: Titel von BA-Arbeiten

  • Rhetorische Formen im ›Ring‹. Aspekte der Eherechtsdebatte bei Heinrich Wittenwiler
  • Aktanten von Ehre. Aspekte von Agon und Axiologie im ›Iwein‹ und ›Lanzelet‹
  • Zwischen Affekt und Gefühl. Emotion und Kommunikation bei Walther von der Vogelweide
  • Tragischer Schwank. Überlegungen zu den gattungspoetischen Voraussetzungen des ›Lalebuchs‹
  • Wesentlich paradigmatisch. Erzähltheoretische Aspekte der Listepisoden in Gottfrieds ›Tristan‹

Titel von MA-Arbeiten

  • Gabe und Magie. Zur narrativen Funktion der Frauen in der ›Crône‹ Heinrichs von dem Türlin
  • Der dreifache Ulrich – Autor, Erzähler und Protagonist in Ulrichs von Liechtenstein ›Frauendienst‹
  • Einheit und Aufspaltung. Ästhetik der Kippfigur bei den Ritualen im ›Tristan‹ Gottfrieds von Straßburg