Geschichte des Grenzdurchgangslager Friedland bis in die 1950er Jahre
Am 20. September 1945 eröffnete die britische Militärverwaltung das Flüchtlingslager Friedland als eines von neun Lagern in der damaligen Oberprovinz Hannover. Diese Lager dienten zum einen dazu, die Flüchtlinge, Vertriebenen, Evakuierten und Rückwanderer zu versorgen, die nach Ende des Zweiten Weltkrieges auf den Straßen unterwegs waren und an den zeitweise geschlossenen Zonengrenzen strandeten. Neben den Militärverwaltungen und den deutschen Behörden arbeiteten lokale Gruppen des – offiziell noch verbotenen – DRK, weitere deutsche und britische Wohlfahrtsorganisationen, die Kirchen sowie Privatpersonen in diesen improvisierten Auffangstationen.
Zum anderen bemühten sich die britische Militärverwaltung vermittels der Lager den Zuzug der Flüchtlinge in ihre Zone zu kontrollieren sowie deren regionale Verteilung zu regulieren. Vor dem Hintergrund britisch-sowjetischer Vereinbarungen über den zahlenmäßig ausgeglichenen Austausch von Personen zwischen ihren Zonen schrieben sowohl die britischen als auch die sowjetischen Militärbehörden die Registrierung aller Personen vor, die die Zonengrenze überquerten. Ein Befehl der britischen Militärregierung vom 7. Oktober 1945 ordnete an, daß alle in die britische Zone Einreisenden ein Auffang- oder Durchgangslager zu durchlaufen hatten. Wie viele Rückwanderer und Vertriebene in der frühen Nachkriegszeit den Befehlen zur Registrierung nachkamen, ist allerdings unklar. Viele von ihnen nutzten insbesondere dann Schleichwege über die noch durchlässigen Grenzen, wenn, was häufiger geschah, die offiziellen Grenzübergänge auf unbestimmte Zeit geschlossen waren.
Während die britische Dienststelle im Lager Friedland für die Überwachung der Verwaltung sowie die Kontrolle der Lagereingänge zuständig war, übernahmen deutsche Stellen und insbesondere das DRK die Betreuung der Ankommenden. Bereits im September 1945 wurde ein deutscher Lagerleiter eingesetzt. Als Anfang 1947 die Fürsorgepflicht für deutsche Flüchtlinge auf die deutschen Behörden überging, übernahm das Land Niedersachsen die Verantwortung für das Lager Friedland.
Am 31. März 1952 verließ mit der britischen Entlassungsdienststelle die letzte militärische Einheit das Lager Friedland. Schon zuvor, am 1. April 1950 war das Lager von der Bundesregierung als „Einrichtung von übergebietlicher Bedeutung“ anerkannt worden.
Daß sich Friedland zu einer „Einrichtung von übergebietlicher Bedeutung“ entwickelt hatte, ist auf eine Vielzahl von Faktoren – unter anderem auf die besondere Lage nahe des Zusammentreffens dreier Besatzungszonen, die gute Verkehrsanbindung, die Bedeutung der nahegelegenen Grenzübergänge – zurückzuführen. In dem Maße, in dem das Lager für immer weitere Flüchtlingsgruppen zuständig war – neben den Flüchtlingen und Vertriebenen nach Kriegsende unter anderem auch aus Kriegsgefangenschaft entlassene Kriegsheimkehrer und ab 1950 deutsche Aussiedler aus Polen – stieg auch die Bedeutung des Lagers. In den 1950er Jahren war das Lager Friedland die bedeutendste Einrichtung ihrer Art.
Die größte Rolle für den Bedeutungszuwachs des Lagers spielten dabei zweifellos die Kriegsheimkehrer. Mit der Schließung des Lagers Münster/Westfalen war Friedland das einzige Entlassungslager für Kriegsgefangene. Bis Oktober 1949 wurden dort bereits 300.000 Heimkehrer betreut. Mit der Rückkehr der letzten Kriegsgefangenen aus sowjetischer Gefangenschaft wurde Friedland zu dem nationalen Gedenk- und Identitätsort der 1950er Jahre schlechthin. Die Ankunft der letzten Heimkehrer wurde von der Öffentlichkeit intensiv verfolgt. Auf dem Weg von der Grenze nach Friedland jubelten die Menschen den Heimkehrern zu, in Friedland selbst versammelten sich anläßlich des ersten Transports nicht nur unzählige Schaulustige, sondern auch hohe Würdenträger des Staates, unter ihnen Bundespräsident Theodor Heuß, um die Ankommenden zu begrüßen. Wochenschau und Hörfunk berichteten intensiv über die Rückkehr und den Empfang im Lager Friedland. Die Bilder von der umjubelten „Heimkehrer der Zehntausend“ gingen in das kollektive Gedächtnis der Bundesrepublik ein und trugen erheblich zum Mythos Friedlands als dem „Tor zur Freiheit“ bei.