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Press release: Erdmagnetismus und die erste elektromagnetische Telegrafenlinie der Welt
Nr. 300/2004 - 19.10.2004
Vortrag zum 200. Geburtstag des Physikers Wilhelm Eduard Weber (1804 bis 1891)
(pug) Der Göttinger Physiker Wilhelm Eduard Weber, am 24. Oktober 1804 geboren, schuf mit seinen Arbeiten zur Elektrodynamik Grundlagen für das heutige internationale Maßeinheitensystem. Unter seiner maßgeblichen Beteiligung realisierte der Gelehrte Gauß 1833 die erste elektromagnetische Telegrafenlinie der Welt. Aus Anlass des 200. Geburtstages Webers spricht Prof. Dr. Menso Folkerts von der Universität München über „Carl Friedrich Gauß und Wilhelm Weber – eine lebenslange Freundschaft“. Der Historiker stellt Webers Herkunft und Tätigkeiten, sein Zusammentreffen mit dem Göttinger Mathematiker und Astronomen Gauß und ihre wissenschaftliche Zusammenarbeit vor. Die Veranstaltung der Gauß-Gesellschaft Göttingen findet am Freitag, 29. Oktober 2004, in der Fakultät für Physik der Universität Göttingen, Friedrich-Hund-Platz 1, Hörsaal 4 (Gauß-Weber-Hörsaal) statt und beginnt um 18.00 Uhr.
Der gebürtige Wittenberger Weber (1804 bis 1891) studierte Mathematik an der Universität in Halle, an der er auch promoviert wurde und von 1828 bis 1831 eine außerordentliche Professur inne hatte. Der Direktor der Göttinger Universitäts-Sternwarte Gauß (1777 bis 1855) schätzte Webers frühe Arbeiten zur Akustik. Auf Gauß‘ Empfehlung wurde der Wissenschaftler 1831 auf eine ordentliche Professur für Physik an die Georg-August-Universität berufen. Die beiden Göttinger Gelehrten führten gemeinsam Untersuchungen zum Erdmagnetismus durch. Ergebnis dieser Zusammenarbeit war die erste Telegrafenverbindung der Welt zwischen dem Physikalischen Cabinet im Gebäude Prinzenstraße Ecke Papendiek und der Universitäts-Sternwarte an der Geismarlandstraße. Dafür spannten die beiden Wissenschaftler einen doppelten Draht, der die Arbeitsstätten über die Johanniskirche, die Universitätsapotheke am Markt und das Accouchierhaus an der Kurzen Geismarstraße miteinander verband. Wenn Weber Stromimpulse unterschiedlicher Polarisation in den Leitungsweg schickte, konnte Gauß am anderen Ende das Ausschlagen einer Magnetnadel beobachten. Wilhelm Weber entdeckte zudem 1835 die so genannte elastische Nachwirkung – die Veränderung des Deformationszustandes eines Körpers bei unverändertem Spannungszustand. Im Jahr darauf veröffentlichte er mit seinem jüngeren Bruder die „Mechanik der menschlichen Gehwerkzeuge“, nachdem er bereits 1825 mit seinem älteren Bruder das grundlegende Werk „Wellenlehre auf Experimente gegründet“ herausgegeben hatte.
Als einer der „Göttinger Sieben“ – die liberal gesinnten Professoren protestierten gegen die Aufhebung des hannoverschen Staatsgrundgesetzes durch König Ernst August – wurde Wilhelm Weber 1837 aus seiner Göttinger Professur entlassen und kehrte erst 1849 an die Georg-August-Universität zurück. Hier setzte er seine Forschungen zum Elektromagnetismus fort. In der Physik jener Zeit noch allgemein unüblich, führte Weber seine Experimente und Messungen mit großer Präzision durch. Dabei konstruierte er viele seiner Messinstrumente selbst. So konnte er zeigen, dass sich alle elektrischen und magnetischen Messgrößen auf die drei mechanischen Grundeinheiten für Masse, Länge und Zeit zurückführen lassen. Mit der Entdeckung, dass in den Grundgesetzen der Elektromagnetik die Lichtgeschwindigkeit als fundamentale Konstante auftritt, bereitete er den Weg für Maxwells Theorie elektromagnetischer Felder. Wilhelm Eduard Weber starb am 23. Juni 1891 in Göttingen. In Würdigung seiner Leistungen wurde für den magnetischen Fluss die Maßeinheit Weber (Wb) international festgelegt.
Ein von Wilhelm Weber in Auftrag gegebener Nachbau seines Zeichengebers für den elektromagnetischen Telegrafen sowie der Empfänger sind in der Sammlung historischer physikalischer Apparate im I. Physikalischen Institut der Georgia Augusta zu sehen. Die Porträts der Gelehrten Weber und Gauß, von dem Berliner Künstler Gottlieb Biermann geschaffen, wurden restauriert und hängen seit Februar diesen Jahres wieder im Hörsaal der Universitäts-Sternwarte. Die beiden Wissenschaftler wurden im Jahre 1899 mit einem gemeinsamen Denkmal in Göttingen geehrt. Zum 150. Todestag von Carl Friedrich Gauß im kommenden Jahr bereiten Gauß-Gesellschaft, Universität und Stadt Göttingen derzeit ein Veranstaltungsprogramm vor.
Kontaktadresse:
Dr. Axel D. Wittmann
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Physik
Universitäts-Sternwarte
Geismarlandstraße 11, 37083 Göttingen
Telefon (0551) 39-5045, Fax (0551) 39-5043
e-mail: wittmann@astro.physik.uni-goettingen.de
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