Kunstwerk des Monats im März 2007
04. März 2007
Francesco Botticini: Maria mit dem Christusknaben
Vorgestellt von: PD Dr. Thomas Noll
Religiöse Darstellungen, in Privatbesitz, die der Andacht dienten, sind bereits in frühchristlicher Zeit bezeugt. Erst im späten Mittelalter, mit dem Aufkommen zunächst des Tafelbildes, dann der Druck-graphik, gelangte jedoch das häusliche Andachtsbild zu weitester Verbreitung. Billige Einblattholzschnitte und kostspielige Gemälde dienten gleichermaßen dazu, der individuellen privaten Frömmigkeit durch die Vergegenwärtigung der heiligen Personen - der Gebetsadressaten - Richtung und Ziel zu geben.
Im 15. Jahrhundert wurde in Florenz, der "Hauptstadt der Frührenaissance", das häusliche Andachtsbild eine wesentliche Aufgabe der Kunst. Eine wachsende Laienfrömmigkeit auf der einen Seite und ein durch Handel und Wirtschaft sich verbreitender Wohlstand im "Bürgertum" auf der anderen führten zu einer steigenden Nachfrage nach aufwendigen, künstlerisch anspruchsvollen Tafelbildern wie auch plastischen Bildwerken. Das zentrale Thema dieser religiösen Bilder war die Madonna mit Kind. Ausgehend von bestimmten, in der byzantinischen Kunst vorgeprägten Darstellungstypen entwickelte sich im 15. Jahrhundert - nördlich und südlich der Alpen gleichermaßen - die Wiedergabe von Maria mit dem Christusknaben in einer Weise, die zunehmend freier und lebendiger die Beziehung zwi-schen Mutter und Kind vor Augen bringt. Aber auch szenische Motive kamen vielfach in reduzierter Form zur Darstellung. Erkennbar bleibt jeweils die Bildtradition; innerhalb dieser Tradition indes bieten die Künstler je eigene Ausformulierungen des Themas. Religiöse und künstlerische Ansprüche stehen dabei in engster Wechselwirkung.
Francesco Botticini, Sohn eines Spielkartenmalers, wurde in Florenz 1446 geboren und starb dort auch 1497; lebenslang blieb er in seiner Heimatstadt ansässig. Als Maler fast ausschließlich von religiösen Tafelbildern orientierte er sich an den führenden Meistern der florentinischen Frührenaissance, namentlich an Andrea del Verrocchio und Sandro Botticelli. Das Göttinger Bild ist in der plastischen Durchbildung und der Figurenauffassung vornehmlich dem Stil der Verrocchio-Werkstatt verpflichtet.