Kunstwerk des Monats im November 2015


01. November 2015
Jens Juel: Bildnis eines Chinesen in Mandarintracht
Vorgestellt von: Dietrich Meyerhöfer M.A.

Kunstwerk des Monats November 2015 Jens Juel Bildnis eines Chinesen in MandarintrachtIm November 2014 wurde der Kunst­sammlung der Universität ein Gemälde übergeben, dass 1803 von dem berühm­ten Göttinger Anatomen, Zoologen und Anthropologen Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840) durch Vermittlung eines ehe­maligen Schülers, den Kopen­hagener Stadtarzt und Natur­forscher Paul Scheel, angekauft wurde und sich seitdem in Göttinger Universitäts­besitz befindet. Es handelt sich um das Bildnis eines Chinesen in Mandarin­tracht, gemalt von dem in seiner Zeit sehr berühmten dänischen Bildnis­maler Jens Juel (1745 bis 1802).
Das Gemälde in originalem Goldrahmen zeigt uns vor neutra­lem braunem Hinter­grund einen sitzenden Mann in Ganz­figur nach rechts ge­wen­det. Gewandet ist der Chinese in die typische chinesische Hoft­racht eines Mandarins. Der Mann raucht eine lange Opium­pfeife, die er in seiner linken Hand hält. Juel hat ihn in dem Mo­ment dargestellt, als er den Rauch aus seinem Mund ent­lang des linken Ärmels aus­strömen lässt. Er sitzt mit rechtem über­geschla­genem Bein auf einem typischen chinesischen Stuhl der Zeit.
Das Göttinger Gemälde von Jens Juel ist ein sehr guter Beleg für das seit Mitte des 13. Jahr­hunderts geweckten Interesses an Asien. Aller­dings wird hier der chine­sische See­mann nicht nur als ein Mensch aus der Fremde gezeigt, sondern in eine dem Exotis­mus entsprech­ende Rolle gesteckt, die man in Europa als typisch Chinesisch ansah: ein Mandarin in seinem Kostüm mit einer für China angeblich so typischen Opium­pfeife. Der Maler Jens Jørgensen Juel wurde am 12. Mai 1745 auf der dänischen Insel Fünen geboren. Aufgrund seines Talents schickten seine Eltern ihn um 1760 zu dem Hamburger Maler Johann Michael Gehrmann. Im Alter von zwanzig Jahren ging er nach Kopen­hagen, um an der König­lichen Akademie der Bilden­den Künste zu studieren. Juel hatte zwar hier 1771 die große Gold­medaille gewonnen, die aber mit keinem, für ihn so wichtigen Reise­stipendium verbunden war.

Aller­dings fand Juel einen adeligen Kreis, der ihm für vier Jahre ein Stipen­dium gewährte. Im November 1772 verließ Juel Kopen­hagen in Richtung Rom. Sein erstes Ziel war Hamburg. Ab Ende März 1773 finden wir Juel in Dresden, wo er unter anderem auch für Anton Graff arbeitete, dem damals führenden deutschen Portrait­maler. Ende März 1774 verließ Juel Dresden in Richtung Wien. Von dort aus ging es über Venedig mit seinem ausge­prägten Kunst­markt nach Rom, wo er im Herbst 1774 eintraf. Er studierte hier intensiv Raffael und die Carracci, aber auch für seine Zeit­genossen Pompeo Batoni und Anton Raphael Mengs, von dem die Kunst­sammlung ein Selbst­portrait besitzt. Bis Mitte 1776 verblieb Juel in Rom. Von dort aus machte er sich zu Fuß auf den Weg nach Paris. Im Frühjahr 1777 reiste er über Lyon nach Genf. Im Dezember 1779 verließ Juel Genf, um seine Heim­reise nach Kopen­hagen anzutreten. Über Kassel und Hamburg verlief seine Reise nach Kopen­hagen, wo er im März 1780 eintraf. Er wurde der gefeierte Portraitist des dänischen Hofes und Adels. In dieser Zeit wurde er auch zum dänischen Hof­maler ernannt. Das Bildnis des Göttinger Chinesen fällt genau in diese Anfangs­zeit seiner Kopen­hagener Jahre.
1782 wurde Jens Juel ordent­liches Mitglied und Professor der dänischen Akademie der Bildenden Künste. Zu seinen deutschen Schülern zählten u.a. Caspar David Friedrich und Philipp Otto Runge. Ab 1795 stand er der Akademie sogar als Direktor vor. Diese Position hatte er bis zu seinem Tod am 27. September 1802 inne.