Kunstwerk des Monats im August 2016


07. August 2016
"Lippo Vanni? Kreuzigung Christi"
Vorgestellt von: Dr. des. Lisa Roemer

kdm0816Die Holz­tafel mit der Kreuz­igung Christi gelangte 1882 aus dem Nach­lass des Göttinger Professors der Chirurgie, Wilhelm Baum, in die Kunst­sammlung der Uni­versität Göttingen. Sie gehört zu den ältesten Werken der ins­gesamt ca. 30 italienischen Ge­mälde, die derzeit im Rahmen eines Forschungs­projektes für den Bestands­katalog der italienischen Gemälde der Göttinger Kunst­sammlung beforscht werden. Über den ur­sprünglichen Bestimmungs­ort der Gold­grundtafel ist nichts be­kannt, jedoch lässt ihr Format den Schluss zu, dass es sich um ein, möglicher­weise das zentrale, Bildfeld einer Altar­predella handelt. Das breite Quer­format bestimmt zugleich die Komposition der Darstellung. Auf leuchtendem Goldgrund ragt zentral der Gekreuzigte empor, der zu beiden Seiten von dichten Menschen­mengen flankiert wird:

Zur Linken von dem barfüßigen Johannes dem Evangelisten und einer Gruppe Trauernder, deren ganze Auf­merksamkeit allerdings der in Ohn­macht fallenden Maria gilt, und zur Rechten von Longinus mit der Lanze und dem römischen Haupt­mann sowie von römischen Soldaten in antikisierender Rüstung. Aufragende, fast die gesamte Höhe der Bildtafel einnehmende Fels­formationen rahmen die Szene und bilden das optische Gegen­gewicht zur zentralen Christus­figur.
Ob tatsächlich Lippo Vanni, ein Sienesischer Buch-, Tafel-, und Freskomaler, oder einer seiner Werkstatt­gehilfen Ur­heber der Tafel gewesen ist, wie seit den 1930er Jahren an­genommen wird, ist zwar nicht nach­weisbar, jedoch bis heute die wahrscheinlichste Zu­schreibung. In jedem Fall lässt sich das Gemälde geographisch und zeitlich in Siena in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts verorten.