Auf Eddingtons Spuren zur Sonnenfinsternis nach Chile
(gb) Vor hundert Jahren reiste der britische Astrophysiker Arthur Eddington zur Sonnenfinsternis nach Afrika, um mit Fotoaufnahmen die Krümmung von Lichtstrahlen und damit Einsteins Relativitätstheorie zu beweisen. Eine so große Masse wie die Sonne lenkt das Licht der ihr nahestehenden Sterne ab, so die Theorie. Auf der Erde muss man demnach einen leicht verschobenen Standort der Sterne messen können. Die Sonnenfinsternis ermöglicht diese Messung, weil dann das Sonnenlicht nicht mehr das schwache Licht der Sterne verdeckt.
Trotz leichter Bewölkung konnte Eddington den Nachweis erbringen – und damit einen ersten Beweis für die Raum-Zeit-Krümmung der allgemeinen Relativitätstheorie. Allerdings gelangen ihm nur zwei gute Aufnahmen – die Beweislage war also ziemlich dünn. Ende Juni 2019 machten sich die Göttinger Studierenden Dorothee Ammer und Merten Dahlkemper auf, um das Experiment zu wiederholen – mit besseren Kameras, computergestützten Auswertungen und unter dem wolkenfreien Himmel der chilenischen Hochebene, wo am 2. Juli 2019 eine Sonnenfinsternis zu sehen war. Unterstützt wurde die Expedition von der AKB Stiftung im Rahmen des Wettbewerbs „Kreativität im Studium“.
„Die Anden bieten grandiose Bedingungen für alle Himmelsbeobachtungen“, erklärt Ammer. „Es gibt kaum Lichtverschmutzung durch Städte und in der trockenen Atmosphäre dieser Landschaft bilden sich nur selten Wolken.“ Weil ein großer Besucherandrang zu erwarten war, suchten sich die Physikstudierenden vorab ein ruhiges Seitental. „Hier konnten wir die Kameras aufbauen, ohne Gefahr zu laufen, dass im entscheidenden Moment jemand vor der Linse steht“, sagt Dahlkemper, der langjährige Erfahrungen im Fotografieren einbringen konnte. Übernachtet wurde bei minus 2 Grad in einer Holzhütte – im Juli herrscht in Chile Winter.
Die Strapazen haben sich gelohnt: Im Sekundentakt erstellten Ammer und Dahlkemper Aufnahmen von der Eklipse – die Sonne war nur zweieinhalb Minuten lang total verdeckt. Tatsächlich konnten sie messen, dass das Licht der Sterne ein klein bisschen abgelenkt ist. Allerdings sind die Sterne auf den Fotos mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen. „Ich hatte ein Programm geschrieben, um Helligkeitsausschlag und Positionsabweichung zu berechnen“, erklärt Ammer. Zurück in Göttingen will sie das Material für ihre Masterarbeit auswerten. „Ich liebäugele jetzt natürlich mit einer Expedition nach Island zur totalen Sonnenfinsternis 2025“, sagt sie. „Aber das ist noch lange hin.“
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Dieser Artikel ist in uni|inform Oktober 2019 erschienen. Die gesamte Universitätszeitung ist online unter www.uni-goettingen.de/uniinform zu finden.