Aller Künste Wissenschaft
Die Sammlung des Johann Friedrich von Uffenbach (1687–1769)
06. November 2021 bis 13. Februar 2022 | Wiedereröffnung 16. April bis 17. Juli 2022
Einfürung – Johann Friedrich von Uffenbach
Johann Friedrich von Uffenbach war wohlhabender Spross einer Frankfurter Patrizierfamilie, von erblichem Adel und der jüngere Bruder Zacharias Conrads (1683–1734), eines der größten Büchersammler und Handschriftenspezialisten seiner Zeit. Er studierte zunächst bei dem mathematisch-rationalistischen Aufklärer Christian Wolff (1679–1754) in Halle, bevor er 1714 einen Abschluss in Rechtswissenschaften an der Universität Straßburg erwarb. Als Europareisender führte er ausführliche Reisetagebücher und lebte als Privatgelehrter mit technisch-naturkundlichen und künstlerischen Interessen, als Sammler von Büchern, Instrumenten, Gemälden, Zeichnungen und Druckgraphik in Frankfurt. Seine Begeisterung für alles Technische, Messbare und neu Erfundene führten zu experimentierendem Lernen auf unterschiedlichsten Gebieten, doch – da kein Zwang zu Broterwerb vorlag – selten zu langfristiger Beschäftigung. Praktisch umgesetzte Zeugnisse Uffenbachscher Tätigkeiten sind beispielsweise eine erneuerte Mainbrücke, verschiedene Großfeuerwerke, diverse Musiken und eine Oper sowie einige Kupferstiche. Seine wissenschaftliche Betätigung belegen handschriftliche Aufzeichnungen, so über 8.000 Seiten Reisetagebücher, fünf Bände mit Sitzungsprotokollen seiner in Frankfurt gegründeten gelehrten Gesellschaft, zahlreiche Briefe und Manuskripte unveröffentlichter Schriften: Uffenbach reiste, lernte, las und erprobte gern, doch war ihm die Breite seiner Studien wichtiger als deren Tiefe. Uffenbachs eigenhändige Kataloge und Verzeichnisse der Sammlungen setzten Handschriftliches mit gedruckten Büchern der Bibliothek, Instrumenten, Modellen, Zeichnungen und Kupferstichen in Beziehung. So entstand ein komplexes, vielteiliges Arbeitsinstrument, das er 1736 der neugegründeten Göttinger Universität vermachte, die es nach dessen Tod 1770 erhielt.
Reisen
Uffenbachs Reisen waren Gelehrtenreisen, wie sie bei universitätsgebildeten Patrizier- und Bürgersöhnen seit dem 17. Jahrhundert üblich waren. Neben den Schlössern der Regierenden besuchten die Reisenden vor allem Universitäts- und Handelsstädte, besuchten Gelehrte und besichtigten private und auch öffentliche Sammlungen, wie beispielsweise Naturalienkabinette, Münzsammlungen, Bibliotheken und Kunstsammlungen. Buch- und Kunsthändler waren beliebte Ziele. Vorbereitet wurden diese Reisen mit Reisehandbüchern, sogenannten Apodemiken, die über Routen, Ziele, Postkutschenverbindungen, Unterkünfte und Sehenswürdigkeiten informierten. Anhand von Stadtbeschreibungen, Kirchen- und Schlossführern konnte man vertiefte Kenntnisse erwerben. Vor Ort kaufte man aktuellste Stadtführer und Kupferstiche, die das Gesehene nach Hause trugen. All diese Hilfsmittel, von aufwendigen Büchern über Heftchen, Einzelkupferstichen bis zu großformatigen Kupferstichfolgen befinden sich in Uffenbachs Nachlass. Seine Reisetagebücher berichten über deren Erwerb und Benutzung.
Kunst
Obwohl Uffenbach mathematisch-naturwissenschaftlich gebildet und auf Technisches konzentriert war, interessierte er sich besonders für die Bildkünste. Dies zeigen seine umfangreiche graphische Sammlung sowie die Beschäftigung mit technischen Aspekten des Zeichnens und graphischen Reproduktionstechniken. Neben Werken großer Meister, wie Botticelli, Lucas van Leyden über Dürer bis Rembrandt, sind es technische Besonderheiten, wie beispielsweise das Mezzotinto, die neben Holzschnitt, Kupferstich und Radierungen in seiner großen Sammlung prominent vertreten sind. Auch findet sich das unpublizierte Manuskript einer Geschichte druckgraphischer Techniken im Nachlass. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Uffenbach auch ein leidenschaftlicher Sammler von Graphik war: Er führte Kataloge, verzeichnete Ankäufe, sammelte Signaturen und plante ein Lexikon der Künstlersignaturkürzel. Neben seiner etwa 10.000 Blatt umfassenden Sammlung von Druckgraphik finden sich Kupferstiche in ähnlicher Größenordnung in seinen Büchern unterschiedlichster Thematik.
Angewandte Mathematik
Während seines Studiums in Halle lernte Uffenbach aufklärerische Konzepte einer mathematisch begründeten, rationalen Weltsicht kennen. Ein Interesse an allen technischen, konstruierbaren und messbaren Dingen prägte Uffenbach Zeit seines Lebens. Sein Leitfaden könnten die 1713–1715 erschienenen Matheseos Universalis Elementa des Hallenser Professors Christian Wolff (1679–1754) gewesen sein, die Mathematik als Grundlage der Wissenschaften und Techniken propagierten. So waren es Materialeigenschaften und Bearbeitungstechniken, mit denen er sich intensiv beschäftigte. Da er durch Erbschaften finanziell unabhängig war, konnte er die Anwendung und Ausübung zahlreicher Techniken erlernen, ohne damit seinen Lebensunterhalt verdienen zu müssen: Selten ging er über das experimentierende Kennenlernen hinaus. Mit Hilfe seiner umfangreichen Buchankäufe erkundete er Nutzen und Anwendbarkeit von Erfindungen und Neuerungen.