Profile von Alumni der Göttinger Musikwissenschaft
Sie fragen sich, was man mit einem Musikwissenschaftsstudium später machen kann? Die Berufswege von Musikwissenschaftlern sind sehr vielfältig. Da kann es hilfreich sein, konkrete Werdegänge kennenzulernen. Wir haben aus dem Kreise unserer Absolventen des Musikwissenschaftsstudiums einige Erfahrungsberichte zusammengestellt, die Ihnen ein klareres Bild über Wege in den Beruf vermitteln sollen.
- Welchen Beruf üben Sie heute aus?
- Was aus Ihrem Musikwissenschaftsstudium hilft Ihnen in Ihrem Beruf?
- Was hat das Studium der Musikwissenschaft für Sie hier in Göttingen besonders gemacht?
- Welchen Weg haben Sie vom Studium zu Ihrer heutigen Arbeitsstelle genommen?
J.: Ich arbeite für FKP Scorpio, einen der europaweit größten Veranstalter für Konzerte, Shows und Festivals und bin dort für die Unternehmenskommunikation und das Festivalmarketing verantwortlich. In einem Satz könnte man sagen: Mein Job ist es, mit Marketing, Public Relations und der Findung und Koordinierung von Medienpartnerschaften die größtmögliche Aufmerksamkeit und Begeisterung für Livekultur zu erzielen.
J.: Ich habe mir das kritische Denken, die genaue Reflexion komplexer Sachverhalte und ein generelles Verständnis für die Relativität von Wissen und Meinungen bewahrt. Faktisches musikwissenschaftliches Wissen ist für mich ehrlich gesagt nicht besonders wichtig – aber mein Studium hat mir definitiv geholfen, fundierte Entscheidungen zu treffen und mich besser in andere Leute und Kulturen hineinzuversetzen.
J.: Die familiäre Atmosphäre und die Musikinstrumentensammlung im historischen Accouchierhaus waren für mich etwas sehr Besonderes. Darüber hinaus bietet Göttingen selbst ein spannendes Umfeld aus Kultur und Wissenschaft sowie ein traumhaftes Umland, was in dieser Mischung meiner Erfahrung nach in Deutschland einmalig ist. Für mich muss Göttingen den Vergleich mit meiner heutigen Heimat Hamburg nicht scheuen!
J.: Nach dem Studium habe ich ein journalistisches Volontariat beim Göttinger Tageblatt absolviert, was ich allen, die sich für Pressearbeit interessieren, wärmstens empfehlen kann. Danach war ich Pressereferent einer gemeinnützigen Stiftung im Gesundheitswesen, bevor ich bei FKP Scorpio wieder zur Musik gefunden habe.
- Welchen Beruf üben Sie heute aus? A.: Ich bin Social Media Managerin beim RND - RedaktionsNetzwerk Deutschland (Madsack Mediengruppe). Parallel bin ich im Vorstand der Jazz Musiker Initiative Hannover e.V. tätig und richte gemeinsam in einem Team das alljährliche Festival Jazzwoche Hannover aus.
- Was aus Ihrem Musikwissenschaftsstudium hilft Ihnen in Ihrem Beruf? A.: Das Handwerkszeug für wissenschaftliches Arbeiten habe ich am Musikwissenschaftlichen Seminar gelernt. Insbesondere die Hausarbeiten halfen mir dabei, reflektiert und kritisch mit wissenschaftlicher Lektüre umzugehen. Das ist für meine journalistische Arbeit in der Nachrichtenredaktion unabdingbar.
- Was hat das Studium der Musikwissenschaft für Sie hier in Göttingen besonders gemacht? A.: Mein Studentenjob in der musikwissenschaftlichen Bibliothek. Der Job hat mir sehr viel Spaß gemacht. Auch meine Arbeit in der Fachgruppe war etwas Besonderes für mich.
- Welchen Weg haben Sie vom Studium zu Ihrer heutigen Arbeitsstelle genommen? A.: Nach meinem Bachelor in Musikwissenschaft und Deutsche Philologie in Göttingen bin ich an die Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover gegangen und habe den Master Medien und Musik absolviert. In dieser Zeit habe ich bereits meine Arbeit in der Jazz Initiative begonnen und auch ein paar Monate bei NDR Kultur gearbeitet. Nach meinem Masterabschluss habe ich direkt den Job beim RND begonnen.
- Welchen Beruf üben Sie heute aus? T.: Ich bin seit 2016 Wissenschaftlicher Angestellter bei der Robert-Schumann-Forschungsstelle. Dort wirke ich als Herausgeber einiger der musikalischen Werke Robert Schumanns (bisher Klavierwerke und 1. Symphonie). Ich untersuche und ediere diese Werke einschließlich sämtlicher verfügbarer Quellen als wissenschaftlich-kritische Partiturausgaben. Außerdem kontextualisiere ich die Werke, indem ich die ungeheuer zahlreichen Selbst- und Fremdzeugnisse Schumanns und seiner Zeitgenossen heranziehe und historisch-kritisch für die Lesenden der Ausgabe in umfangreichen Kapiteln zu Entstehung, Aufführung und Rezeption aufbereite.
- Was aus Ihrem Musikwissenschaftsstudium hilft Ihnen in Ihrem Beruf? T.: Nahezu alles! Besonders hilfreich sind aber die in Göttingen erworbenen Kenntnisse der Historischen Satzlehre, der Paläographie, der (transeuropäischen) Musikgeschichte sowie aktueller kulturwissenschaftlicher Theorien.
- Was hat das Studium der Musikwissenschaft für Sie hier in Göttingen besonders gemacht? T.: Als besonders attraktiv habe ich den in Göttingen vermittelten und gelebten offenen kulturwissenschaftlichen Zugang erfahren, der nach den Voraussetzungen jedweder kulturellen Äußerung/Handlung fragt und etwa die Perspektive sowohl für das Eigene und Fremde als auch für die Funktion des Sozialen und Politischen in musikalischen Akten und Sphären schärft.
- Welchen Weg haben Sie vom Studium zu Ihrer heutigen Arbeitsstelle genommen? T.: Ich habe seit dem Wintersemester 2006 in Göttingen studiert (Musikwissenschaft und Mittlere und Neuere Geschichte), zunächst im Bachelor-Studiengang, im unmittelbaren Anschluss daran im Master-Studiengang (seit WS 2009), beide Studiengänge in Regelstudienzeit abgeschlossen und im unmittelbaren Anschluss daran (seit Oktober 2011) meine Dissertation bei Prof. Dr. Waczkat begonnen. Diese habe ich im September 2015 erfolgreich verteidigt.
- Welchen Beruf üben Sie heute aus? B.: Ich bin Forschungsreferentin. An meiner Uni berate und unterstütze ich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Fächer bei der Antragstellung für Forschungsprojekte, helfe bei der Suche nach geeigneten Fördergebern und der Entwicklung von Drittmittelstrategien, entwickle und halte Workshops und habe verschiedene koordinatorische Aufgaben.
- Was aus Ihrem Musikwissenschaftsstudium hilft Ihnen in Ihrem Beruf? B.: Mir helfen das geisteswissenschaftliche Denken und die kulturwissenschaftliche Allgemeinbildung, die ich in meinem Studium erworben habe. Da ich in einem wissenschaftsunterstützenden Beruf arbeite, profitiere ich im beruflichen Alltag am meisten von den Erfahrungen und Fähigkeiten, die ich in meiner Promotionszeit gemacht und erworben habe.
- Was hat das Studium der Musikwissenschaft für Sie hier in Göttingen besonders gemacht? B.: Die familiäre Atmosphäre.
- Welchen Weg haben Sie vom Studium zu Ihrer heutigen Arbeitsstelle genommen? B.: Ich habe sowohl meinen Bachelor als auch meinen Master am Musikwissenschaftlichen Seminar in Göttingen gemacht und an das Studium direkt meine Promotion am gleichen Institut angeschlossen. Während meiner Promotion habe ich angefangen, mich für Wissenschaftsmanagement zu interessieren, habe an der Uni Göttingen am Mentoringprogramm Wege ins Wissenschaftsmanagement teilgenommen und dann nach Abschluss meiner Promotion meine aktuelle Stelle angetreten.
- Welchen Beruf üben Sie heute aus? E.: Ich bin Doktorand an der Universität Cambridge mit dem Fokus Jazz in Marokko, interkultureller Dialog und kulturelle Diplomatie. Ich bin Mitglied des ERC- [European Research Council] Forschungsprojekts Past and Present Musical Encounters Across the Strait of Gibraltar, das von 2018 bis 2023 unter der Leitung von Dr. Matthew Machin-Autenrieth läuft.
- Was aus Ihrem Musikwissenschaftsstudium hilft Ihnen in Ihrem Beruf? E.: Die musikwissenschaftliche Grundausbildung hilft mir in meiner eigenen Forschung. Ich kann praktisch an den sehr forschungsorientierten Masterstudiengang Kulturelle Musikwissenschaft anknüpfen, den ich zusammen mit Ethnologie im Master studiert habe.
- Was hat das Studium der Musikwissenschaft für Sie hier in Göttingen besonders gemacht? E.: Die Offenheit, aber vor allen Dingen die studentischen Projekte, die ich im Laufe meiner Studienzeit mitgestalten konnte. Diese verliefen teilweise innerhalb von Seminaren, gingen aber auch mehrere Male über diese hinaus und führten zu erlebnisreichen Studienfahrten, Vortragsreisen oder Feldexkursionen. In besonders positiver Erinnerung sind mir die Kurse von Dr. Brenner zur Mbira-Musik geblieben sowie die Konferenzen, die das Institutspersonal organisierte und leitete. Der dort stattgefundene akademische Austausch war Motivation für das eigene Studium gleichsam wie für das auf den Master folgende Doktoratsstudium. Zu meiner Studienzeit erlebte ich eine lebendige MuWi im Accouchierhaus mit sehr tollen Kommilitoninnen und Kommilitonen – mit manchen bin ich bis heute eng befreundet. Das hatte auch mit dem Haus und der Bibliothek zu tun: beides war stets Treffpunkt, an dem Studieninhalte erkundet und vertieft wurden, aber auch eigene Ideen präsentiert und zur Diskussion gestellt werden konnten.
- Welchen Weg hast haben Sie vom Studium zu Ihrer heutigen Arbeitsstelle genommen? E.: Aufbauend auf mein Masterstudium entwarf ich mein Promotions-Forschungsvorhaben. Ich konnte direkt in Cambridge an mein MuWi-Studium anknüpfen, wo ich seit 2019 forsche.
- Welchen Beruf üben Sie heute aus? B.: Nach meinem musikwissenschaftlichen Studium habe ich ein Jahr genommen, um mich unter künstlerischen Aspekten der Musik zu widmen und Aufnahmeprüfungen für Orchesterdirigieren zu absolvieren. Seitdem studiere ich an der HMT Leipzig Dirigieren bei Prof. Matthias Foremny.
- Was aus Ihrem Musikwissenschaftsstudium hilft Ihnen in Ihrem Beruf? B.: Die Fähigkeit, Musik und Musikpraxis aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und zu reflektieren. Der Impuls, vermeintlich gängige Musikanschauungen auch in der Praxis nie für "gegeben" zu nehmen, sondern stetig zu hinterfragen, bereichert das künstlerische Arbeiten mit Klang enorm.
- Was hat das Studium der Musikwissenschaft für Sie hier in Göttingen besonders gemacht? B.: Das vergleichbar familiäre Seminar erlaubt es einem sehr schnell, sich in die Arbeit in und hinter den Seminaren einzubringen. Dadurch habe ich rückblickend das Gefühl, in Göttingen nicht nur "ein", sondern "mein" Musikwissenschaftsstudium absolviert zu haben. Der große Fokus darauf, die richtigen Fragen zu stellen, hat mein Denken bis heute geprägt.
- Welchen Weg hast haben Sie vom Studium zu Ihrer heutigen Arbeitsstelle genommen? B.: Nach meinem Studium habe ich ein Jahr ein Doppelfachstudium Klavier/Schulmusik an der HMT Leipzig studiert. Anschließend habe ich mich für Dirigieren beworben und wurde in die Klasse aufgenommen.
- Welchen Beruf üben Sie heute aus und inwiefern hat das Musikwissenschaftsstudium Ihnen in Ihrem Beruf weitergeholfen? S.: Ich bin heute zwar Rentner. Aber mein Studium der Musikwissenschaft wirkt sich bis heute in vielfältiger Weise auf mein Berufsleben aus: Von 1983 bis 2009 war ich Redakteur am Göttinger Tageblatt (GT) und habe selbstverständlich in allen Konzerten, über die ich geschrieben habe, die musikwissenschaftlichen Grundlagen hervorragend brauchen können. Als Rentner habe ich nicht aufgehört, fürs GT und andere Zeitungen und Zeitschriften zu arbeiten – nun als freier Mitarbeiter. Neben diesem Hauptberuf schreibe ich seit 1975, also inzwischen seit 45 Jahren, Werkeinführungstexte für die Konzerte des Göttinger Symphonieorchesters (GSO). Diese Tätigkeit hat sich im Laufe der Zeit auch auf andere Veranstalter ausgeweitet, etwa die Kreuzgangkonzerte in Walkenried, die Domkonzerte in Königslutter und die Konzerte an St. Andreas in Seesen. Für das GSO halte ich überdies seit einigen Jahren Einführungsvorträge direkt vor den Konzerten, ebenso für die Aulakonzerte der Göttinger Kammermusikgesellschaft, deren Vorsitzender ich bin (und für die ich ebenfalls die Programmhefte verfasse). Dazu bin ich etwa seit zehn Semestern Lehrbeauftragter an der Universität des dritten Lebensalters und veranstalte dort Seminare zu musikalischen Themen, für die mein musikwissenschaftliches Studium ebenfalls eine unabdingbare Voraussetzung ist.
- Was hat das Studium der Musikwissenschaft für Sie hier in Göttingen besonders gemacht? S.: Das Besondere an meinem Studium war die aus heutiger Sicht geradezu märchenhafte Freiheit, die der überhaupt noch nicht verschulte Studiengang bot. Diese Freiheit nutzten allerdings auch die Lehrenden, sodass das Angebot nicht eben umfassend war. Beispielsweise war mit dem Weggang von Rudolf Stephan nach Berlin die Musik des 20. Jahrhunderts im Studienangebot nahezu ausgeblendet. stattdessen gab es Themen zur Musik des Mittelalters oder der byzantinischen Kirchenmusik.
- Welchen Weg haben Sie vom Studium zu Ihrer heutigen Arbeitsstelle genommen? S.: Schon während des Studiums habe ich als freier Mitarbeiter für das Göttinger Tageblatt Rezensionen geschrieben, begonnen habe ich damit 1971, also vor 50 Jahren. Im Anschluss an mein Studium (das ich ohne Abschluss abgebrochen habe) war ich wissenschaftlicher Angestellter am Seminar. Anschließend habe ich nach einer extrem kurzen Zeit der Arbeitslosigkeit (drei Monate) 1983 einen Volontariatsplatz in der Redaktion des Göttinger Tageblatts bekommen und erhielt bereits nach neun Monaten einen festen Redakteursvertrag - nicht etwa für zwei Jahre, wie das heute üblich ist, sondern bis zum Rentenalter.