Abschlusstagung SPL C - Differenz(de)konstruktionen in fachunterrichtsspezifischen Kontexten

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Differenz(de)konstruktionen in fachunterrichtsspezifischen Kontexten.Forschungsansätze und Erträge in einem interdisziplinären Forschungsfeld aus Fachdidaktik, Erziehungswissenschaft und Diversitätsforschung

Tagung am 1. und 2. Juli 2022 in Präsenz

Praktiken der Kategorisierung und Unterscheidung von Schüler*innen im Unterricht werden aus pädagogisch-didaktischer Perspektive oft als einfach gegeben verstanden. Im Gegensatz dazu interessiert sich eine dekonstruktivistisch ausgerichtete Forschung für die Prozesse der Re-/Aktualisierung von Differenzordnungen. Diesem Ansatz folgt auch das Schlözer-Programm-Lehrerbildung, welches das Konzept des (un)doing difference (West & Fenstermaker 1995; Hirschauer & Boll 2017; Fritzsche & Tervooren 2012; Rabenstein et al. 2013; Sturm 2013; Budde & Rißler 2014) für spezifische Schulfächer bzw. Fachunterricht nutzbar macht. Seit 2 Jahren fragen fünf Promotionen für die Fächer Englisch, Sport, Politik, Deutsch sowie Fremdsprachen, wie welche Unterscheidungen von Menschen in Unterrichtsmaterialien bzw. im Unterricht Geltung erhalten oder auch nicht. Neben ‚klassischen‘ Kategorien wie race, class, gender und dis/ability finden auch Differenzkonstruktionen, die Sprache(n) oder Körper sowie Leistung einbeziehen, Berücksichtigung. Realisiert wird die Forschung in einem interdisziplinäreren Rahmen mit Kolleg*innen aus der Sozialwissenschaftlichen Fakultät und der Philosophischen Fakultät der Universität Göttingen (https://www.uni-goettingen.de/de/1.+die+fünf+promotionen/636836.html). Eine schulfachübergreifende Diskussion zu Differenz(de)konstruktionen in spezifischen fachlichen Kontexten in Schule und Unterricht ist im interdisziplinären Austausch zwischen Fachdidaktiken, Erziehungswissenschaft und Diversitätsforschung bislang jedoch selten. Dabei ist die Verwobenheit von fachlichen Konstruktionen von zu lernenden Gegenständen mit Differenz-, Zugehörigkeits- und Leistungsordnungen ein für die Unterrichtsforschung hochrelevantes Thema. In ersten – hier vorläufig und unvollständig aufgeführten – Studien dazu werden Differenzkonstruktionen in musikpädagogischen Angeboten im Zusammenhang mit instrumentalen Vorerfahrungen (Heberle 2019; Kranefeld & Heberle 2020), im formal inklusiven Sportunterricht als Besonderung durch veränderte Spielregeln (Schiller et al. 2021) oder im Geschichtsunterricht im Zusammenhang mit Fragen von Zugehörigkeit (Mielke 2019) rekonstruiert. Konstruktionsprozesse von Leistungsdifferenzen werden für den Mathematikunterricht unterschiedlicher Schulformen (Gellert 2015), inklusiven Mathematik- und Deutschunterricht (Wagener 2020; Sturm 2017) sowie für fachspezifische Inszenierungsformen von Unterricht hervorgehoben (Eckermann 2017; Kabel 2019). Studien zeigen nicht nur gegenderte Fachkulturen bspw. für Physik- und Deutschunterricht (Willems 2007), sondern auch die Kontingenz von Geschlechterkonstruktionen bspw. für das Fach Sport (Wilm 2021). Weitere Studien untersuchen Differenzordnungen in Bildungsmedien als (Re-)Produzenten schulischer Wissensordnungen (z.B. Auma 2018; Müller-Mathis & Heil 2017; Kißling 2020). Noch wenig wird allerdings nach den Potenzialen und Grenzen von Erkenntnissen zu fachunterrichtsspezifischen Differenzordnungen für Unterrichtstheorie und Unterrichtsforschung bzw. nach den Grenzen und Potenzialen ihrer fachunspezifischen Erforschung gefragt.

Diese Diskussion aufgreifend laden wir zur Abschlusstagung des Forschungszusammenhangs ‚Differenz(de)konstruktionen in fachunterrichtsspezifischen Kontexten‘ im Schlözer Programm Lehrerbildung empirische und methodologische Beiträge aus laufenden und abgeschlossenen Projekten zu einer fächerübergreifenden sowie interdisziplinären Diskussion zu Differenzdekonstruktionen in fachspezifischen Kontexten ein. In den Fokus können die eine oder andere der folgenden Fragen gerückt werden:

a) Erträge zu fachunterrichtsspezifischen Differenzordnungen: Wie aktualisieren sich welche Differenzordnungen in einzelnen Unterrichtsfächern bzw. im Fachunterricht (nicht)? Welche Machtverhältnisse und Subjektivierungen werden darin aktualisiert? Welche Formen der De-/Stabilisierung von Differenzordnungen werden beobachtet? Welche De-/Legitimierungen von Differenzordnungen lassen sich rekonstruieren? Welche Funktionsweisen von Differenzordnungen können herausgearbeitet werden? Welche Bedeutung kommt dem Schulfach bzw. Fachunterricht als Kontext zu, in dem bestimmte Differenzen relevant werden? Welcher Beitrag wird für die Forschung zu einzelnen Schulfächern und über sie hinaus geleistet?

b) Forschungsansätze und methodologisch-methodische Herausforderungen einer fachunterrichtsbezogenen Forschung zu Differenzordnungen: Wie werden welche Differenzordnungen schulfachspezifisch zum Forschungsgegenstand gemacht? Welchen Beitrag leisten welche Datensorten (z. B. Curricula, Unterrichtsmedien bzw. Unterrichtsinteraktionen)? Welche methodologisch-methodischen Herausforderungen einer fachspezifischen Erforschung bestehen? Wie werden In-Verhältnissetzungen theoretischer Perspektiven aus Fachdidaktik und Erziehungswissenschaft bzw. weiteren wissenschaftlichen Disziplinen entwickelt? Welche Erträge einer Forschung zu Schulfächern als unterschiedliche Kontexte von Differenzordnungen werden antizipiert, welche Grenzen reflektiert?

Die Tagung wird an der Universität Göttingen von Freitag, den 01. Juli 2022 bis Samstag, den 02. Juli 2022 stattfinden (Planungsstand: Präsenzveranstaltung). Als Tagungsformat planen wir neben drei Keynotes Panelformate, in denen ausreichend Zeit zur Diskussion der Vorträge zur Verfügung stehen soll.

Abstracts für Beiträge sollen 300 Wörter ohne Literaturverzeichnis beinhalten und können als Word-Dokument unter der E-Mail-Adresse splckoordination@uni-goettingen.de mit dem Betreff Abstract Abschlusstagung eingereicht werden. Wenden Sie sich bei Fragen an Svenja Strauß splcqkoordination.uni-goettingen.de. Die Frist zur Einreichung endet am 31. Januar 2022.

Für das Vorbereitungsteam: Prof. Dr. Kerstin Rabenstein, Prof. Dr. Christoph Bräuer, Delia Hülsmann, Samira Mummelthey, Svenja Strauß

Literatur

Auma, M. M. (2018). Fehlende, versteckte, vorhandene Heterogenität. Diversität in Bildungsmaterialien in Ost- und Westdeutschland. In S. Zloch, L. Müller & S. Lässig (Hrsg.), Wissen in Bewegung. Migration und globale Verflechtungen in der Zeitgeschichte seit 1945 (S. 169–196). Berlin: De Gruyter Oldenbourg.

Budde, J. & Rißler, G. (2014). Topographie unterrichtsrelevanter Differenzkonstruktionen. Erziehung & Unterricht, 164 (3-4), 333–341.

Eckermann, T. (2017). Kinder und ihre Peers beim kooperativen Lernen. Wiesbaden: Springer VS.

Fritzsche, B. & Tervooren, A. (2012). Doing difference while doing ethnography? Zur Methodologie ethnographischer Untersuchungen von Differenzkategorien. In B. Friebertshäuser, H. Kelle, H. Boller, S. Bolling, C. Huf, A. Langer (Hrsg.), Feld und Theorie: Herausforderungen erziehungswissenschaftlicher Ethnographie (S. 25-39). Opladen: Budrich.

Gellert, U. & Hümmer, A.-M. (2008). Soziale Konstruktion von Leistung im Unterricht. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 11 (2), 288–311.

Gellert, U. (2015). Leistungskonstruktion im Mathematikunterricht. In K. Bräu und C. Schlickum (Hrsg.) Soziale Konstruktionen in Schule und Unterricht. Zu den Kategorien Leistung, Migration, Geschlecht, Behinderung, Soziale Herkunft und deren Interdependenzen (S. 79-91). Opladen: Barbara Budrich

Heberle, K. (2019). Zur Konstruktion von Leistungsdifferenz im Rahmen musikpädagogischer Unterrichtspraxis. Eine Videostudie zum instrumentalen Gruppenunterricht in der Grundschule. Münster: Waxmann. Hirschauer, S. & Boll, T. (2017). Un/doing Differences. Zur Theorie und Empirie eines Forschungsprogramms. In S. Hirschauer (Hrsg.), Un/doing Differences. Praktiken der Humandifferenzierung (S.7–26). Weilerswist: Velbrück Wissenschaft.

Kabel, S. (2017). Soziale Herkunft im Unterricht. Rekonstruktionen pädagogischer Umgangsmuster mit Herkunftsdifferenz im Grundschulunterricht. Wiesbaden: Springer VS.

Kißling, M. (2020). Weiße Normalität. Dissertation. Bielefeld: Aisthesis Verlag.

Kranefeld, U. & Heberle, K. (2020). Passungsprozesse im Musikunterricht. Videobasierte Fallanalysen zur Differenzbearbeitung in musikpädagogischen Angeboten der 5. und 6. Klasse. Münster: Waxmann.

Mielke, P. (2020): Die Aushandlung von Zugehörigkeit und Differenz im Geschichtsunterricht. Eine ethnographische Diskursanalyse. Georg-August-Universität Göttingen, eDiss.

Müller-Mathis, S. & Heil, S. (2017). Seiten der Beteiligung: Die Thematisierung von (Nicht-) Behinderung in Schulbüchern. In S. Müller-Mathis & A. Wohnig (Hrsg.), Wie Schulbücher Rollen formen: Konstruktionen der ungleichen Partizipation in Schulbüchern (S. 87–105). Schwalbach / Taunus: Wochenschau Verlag.

Rabenstein, K., Reh, S., Ricken, N. & Idel, T.-S. (2013). Ethnographie pädagogischer Differenzordnungen. Methodologische Probleme einer ethnographischen Erforschung der sozial selektiven Herstellung von Schulerfolg im Unterricht. Zeitschrift für Pädagogik (ZfPäd), 59 (5), 668-690.

Schiller, D., Rode, D., Zander, B. & Wolff, D. (2021). Orientierungen und Praktiken sportunterrichtlicher Differenzkonstruktionen. Perspektiven praxistheoretischer Unterrichtsforschung im formal inklusiven Grundschulsport. Zeitschrift für Grundschulforschung, 14 (1), 67–81.

Sturm, T. (2013). (Re-)Produktion von Differenzen in unterrichtlichen Praktiken. Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften, 35 (1), 131–146.

Sturm, T. (2017). (Re)Produktion von Differenz im Fachunterricht der Sekundarstufe 1 am Beispiel von Leistung, Peerkultur und Geschlecht. In M. Kampshoff & B. Scholand (Hrsg.), Schule als Feld - Unterricht als Bühne - Geschlecht als Praxis (S. 82–103). Weinheim, Basel: Beltz Juventa.

Wagener, B. (2020). Leistung, Differenz und Inklusion. Eine rekonstruktive Analyse professionalisierter Unterrichtspraxis. Wiesbaden: Springer VS.

West, C.; Fenstermaker, S. (1995). Doing Difference. Gender & Society 9 (1), S. 8–37.

Willems, K. (2007). Schulische Fachkulturen und Geschlecht. Physik und Deutsch - natürliche Gegenpole? Bielefeld: transcript Verlag.

Wilm, G. (2021). Geschlecht als kontingente Praxis im Sportunterricht. Eine videobasierte Praxeographie. Bielefeld: transcript Verlag.


Anmeldung zur Tagung




Die Anmeldefrist hat bereits am 15. Mai 2022 geendet. Eine Teilnahme ist unter Umständen dennoch möglich. Bitte wenden Sie sich bei Interesse an Sveja Strauß splckoordination@uni-goettingen.de




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Tagungsprogramm




Hier finden Sie das Programm der Tagung Differenz(de)konstruktionen in fachunterrichtsspezifischen Kontexten (Stand März 21.03.2022)