Meeresbiologie
Seychellenprojekt
Wie im terrestrischen Bereich entfällt auch in den marinen Lebensräumen der überwiegende Artenreichtum auf die Tropen. Entlang der Küsten besteht eine besonders hohe Vielfalt, und hier erfolgt die frühe ontogenetische Entwicklung vieler Spezies. Da die hier lebenden Organismen häufig eng adaptiert sind, können schon minimale Änderungen gravierende Folgen haben, insbesondere, wenn Arten betroffen sind, die eine ökologische Schlüsselrolle spielen wie die riffbildenden Steinkorallen. So nehmen die globalen klimatischen Veränderungen auch in tropischen Küstenregionen massiv Einfluss auf die Ökosysteme. Außerdem sind die unmittelbaren anthropogenen Einflüsse in Küstengebieten besonders gravierend.
Im Jahre 2009 wurden von der Abteilung Morphologie und Systematik aus erste Vorarbeiten begonnen, indem mehrere Inseln auf ihre Eignung für Untersuchungen mit dem gewünschten Standard hin geprüft wurden und indem für die Hauptinsel Mahé eine intensive Suche nach gut zugänglichen und wissenschaftlich interessanten Saumriffen durchgeführt wurde. Seitdem wird hier fernab von kontinentalen Einflüssen in langfristig angelegten Projekten der Einfluss von globalen und lokalen, natürlichen wie auch anthropogen Veränderungen untersucht. Ausgangspunkt sind natürliche (oder naturnahe) Riffbereiche, die mit unterschiedlich beeinträchtigten Arealen verglichen und in Zukunft weiter beobachtet werden sollen. Bisher werden an drei Lokalitäten von Mahé Riffuntersuchungen durchgeführt.
Die Untersuchungen auf den Seychellen widmen sich der Rifffauna bis ins Detail. Detailuntersuchungen erlauben verlässliche Aussagen über die die Empfindlichkeit der Lebensräume und wohl begründete Empfehlungen für den nachhaltigen Umgang mit derartigen Faunen. Beobachtungen im marinen Küstenbereich erfolgen nur selten mit einer Langzeit-Perspektive und nur gelegentlich mit der gebotenen Intensität und Genauigkeit. Daher fehlt eine Vorstellung von der Dynamik und Sukzession nach erheblichen Änderungen der Faunenzusammensetzung. Noch nie ist in tropischen marinen Lebensräumen eingehend über lange Jahre beobachtet worden, wie sich die Artenzusammensetzungen und –häufigkeiten unter Einfluss externer und aus den Lebensräumen selbst heraus wirkender Faktoren lokal und regional ändern. Andererseits ist auf den Seychellen die marine Fauna noch bei weitem nicht erfasst.
Um langfristig die biologische Dynamik nachvollziehen zu können, werden eine Erfassung und Kartierung der Lebensräume (Biotopkartierungen in unterschiedlichem Maßstab mit ergänzenden faunistischen und floristischen Detailangaben) bis an die Riffkanten und in Einzelfällen auch an den Riffhängen durchgeführt. Die Kartierungen erfolgen in der Regel in Wassertiefen bis ca. 5 m (Schnorcheltiefe). Kartiert wird quadratmeterweise, wobei jeder Quadrant durch mehrere standardisierte Fotos sowie Detailaufnahmen dokumentiert wird. Damit ist jederzeit ein Vergleich mit dem jetzigen Zustand möglich. Diese Dokumentationen sollen später im Internet frei zugänglich sein.
Die Riffkartierungen gehen einher mit der Erfassung zum Beispiel von Mollusken ( Gastropoda, Bivalvia, Polyplacophora, Cephalopoda), Echinodermata, Crustacea sowie der Knorpelfische und Strahlenflosser (Actinopterygii). Weitere mögliche Untersuchungen könnten sich mit benthischen Foraminiferen auseinandersetzen. Die Arbeiten schließen Untersuchungen zur Biologie der Tiere ein.
Zu ergänzen sind die biologischen Datenaufnahmen durch die Erfassung abiologischer Parameter, so durch Relief- und Bodenkartierungen; Niederschlagsmessungen, Temperatur- und Salinitätsmessungen, Messungen der Nährstoffgehalte, etc.