Summer School ethnografischer Film 2023:
Zwischen Kommen und Gehen - Urbane Räume der Begegnung
Vom 24.07. bis 11.08.2023 (inkl. der Wochenenden) findet am Institut für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie der Georg-August-Universität Göttingen die Summer School „Praxis des ethnografischen Films für Kultur- und Sozialwissenschaftler*innen“ statt.
Bis zum 22.05.2023 haben interessierte Göttinger aber auch auswärtige Studierende die Möglichkeit, sich für eine Teilnahme zu bewerben.
Zwischen Kommen und Gehen…
Überall gibt es Orte, an denen sich Menschen nur vorübergehend aufhalten. Diese Zonen der Fluidität und des Transits sind von Kommen und Gehen geprägt, wenn auch – je nach Ort – in zum Teil sehr unterschiedlichen Takten. Viele dieser vor allem öffentlichen und halböffentlichen Begegnungsräume zeichnet aus, dass sie wenig strukturelle Vorgaben machen, das Zusammentreffen hier also oft mehr oder minder spontan ausgehandelt wird. Augenfälligstes Beispiel für solche Orte sind öffentliche, städtische Plätze (vgl. Gehl 2012), wie es sie häufig in Innenstädten oder vor Bahnhöfen (vgl. Löfgren 2010) gibt. Daneben fallen auch kleinräumigere und oft von einer geringeren Dynamik geprägte Orte des Kommens und Gehens ins Auge: etwa Räume und Treffpunkte für Freizeit oder Spiel (vgl. Augé 1994) wie Kioske, Parks, Sportanalagen oder Hundewiesen.
Das Ziel dieser Summer School ist es, solche urbanen Räume in ihrer jeweiligen Spezifik, die auch in ihrem Zusammenspiel aus menschlichen und nicht-menschlichen Entitäten, ihrer Ambivalenz von Mitte und Rand, von innen und außen, zu entschlüsseln ist, ethnografisch zu erfassen und filmisch zu porträtieren. Eine besondere Herausforderung der geplanten Filme wird darin bestehen, neben den menschlichen Nutzungpraktiken solcher Orte, auch ihren je spezifischen Habitus, vor allem aber auch die an ihnen herrschenden Atmosphären herauszuarbeiten. Besonderes Augenmerk gilt im Zuge dessen den für die jeweiligen Orte charakteristischen Materialien, Farben, Bewegungen, Lichtverhältnissen und Geräuschen (vgl. Rolshoven 2021). Hinzu kommen die je spezifischen Rhythmen des Kommens und Gehens und nicht zuletzt des (temporären) Bleibens, die in den filmischen Zugängen zum Ausdruck kommen sollen.
Lernziel
Ziel der dreiwöchigen Summer School ist es, Studierenden der Kultur- und Sozialwissenschaften die grundlegenden Kenntnisse des Mediums Film im ethnografischen Kontext zu vermitteln. Spezielles Augenmerk wird dabei auf einen spezifisch ethnografischen Blick sowie auf filmsprachliche Elemente, die Konzeption von Projekten, die Besonderheiten der Aufnahmesituation im Feld sowie die Montage gelegt. Anhand der Herstellung eines Kurzfilms können die methodischen Grundlagen erarbeitet und eine Vorstellung des Mediums Film als Forschungs- und Repräsentationsmethode entwickelt werden. Im Rahmen des vorgenannten Themas sensibilisieren sich die Teilnehmer*innen zudem für die räumlichen Atmosphären der beforschten Orte, für Praktiken und Rhythmen von Menschen im Kontext ihres je spezifischen Handlungsraumes; darüber hinaus spüren sie den skills und den Motivationen der Menschen nach, die die jeweiligen Räume nutzen. Nicht zuletzt werden die Teilnehmer*innen in jenen filmischen Strategien geschult, die die ethnografischen Einsichten medial zu vermitteln vermögen.
Dozent*innen
Dr. Torsten Näser, Dr. Frauke Paech, Oliver Becker, N.N.
Gäste (angefragt)
Timo Großpietsch (Dokumentarfilmer und leitender NDR-Redakteur)
Fritz Schlüter (Brandenburgisches Zentrum für Medienwissenschaften)
Kursprogramm:
- Thematische Einführung (Literatur zur Vorbereitung)
- Einführung in filmsprachliche Grundlagen
- Einführung in die Methoden ethnografischer Videoarbeit
- Einführung in die Kamera- und Tontechnik
- Übungen zu beobachtender Kamera
- Übungen zu Bildgestaltung, Mikrofonie und Licht
- Übungen zur Interviewführung
- Erarbeitung eines Filmthemas auf der Basis eigener kleiner Feldforschungen
- Erarbeitung eines Exposés
- Erarbeitung eines inhaltlichen und technischen Drehplans
- Filmische Umsetzung im Feld
- Einführung in die Grundlagen des Schnitts (Da Vinci Resolve)
- Konzeption der Filmmontage
- Bildbearbeitung, Tonbearbeitung, Titelerstellung
- Erstellen einer 15-seitigen Berichts, der das eigene Vorgehen reflektiert
Lernorganisation
Der Kurs besitzt Werkstattcharakter. Gearbeitet wird in Teams von drei bis vier Personen.
Teilnehmen können 6 Studierende der Universität Göttingen und 6 auswärtige Studierende.
Zur Vorbereitung wird ein Reader mit grundlegenden inhaltlichen und methodischen Texten zur Verfügung gestellt. Die Unterrichtssprache ist deutsch.
Voraussetzungen
Immatrikulation in einem BA-oder MA-Studiengang der Kultur- und/oder Sozialwissenschaften.
Wünschenswert, aber keine Voraussetzung:
- ECTS in Visueller Anthropologie, Medienwissenschaft etc.
- Kurs in Videographie
- Kenntnisse kulturanthropologischer/ethnologischer/ sozialwissenschaftlichen Feldforschung
Anerkennung und Kosten
Göttinger Studierende: Der Kurs wird im Rahmen der Schlüsselkompetenzen der Universität Göttingen angeboten (Modul B.KAEE 77 [Modulblatt angehängt] mit 10 ECTS). Die Teilnahme ist unentgeltlich.
Auswärtige Studierende: Die Kursgebühr beträgt 500,- Euro. Die Studierenden erhalten eine Bescheinigung über die Teilnahme, die sie dann bei ihrer Universität einreichen können. Für Unterbringung und Verpflegung haben die Teilnehmer*innen selbst zu sorgen.
Ggf. fallen zusätzliche Kosten für eine Technikversicherung für alle Teilnehmer*innen an.
Bewerbung
Schriftliche Bewerbungen mit Darstellung der eigenen Qualifikationen im Sinne der o. g. Voraussetzungen senden Sie bitte bis zum 22.05.2023 an Torsten Näser tnaeser1@gwdg.de und Frauke Paech frauke.paech@phil.uni-goettingen.de
Weitere Kontaktdaten
Georg-August-Universität Göttingen
Institut für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie
Dr. Torsten Näser/Dr. Frauke Paech
Heinrich-Düker-Weg 14
D-37073 Göttingen
Tel.: +49 (0)551-39-25350 oder 39-21234
E-Mail: tnaeser1@gwdg.de / frauke.paech@phil.uni-goettingen.de
Weitere Infos unter:
https://www.uni-goettingen.de/de/curriculum+visuelle+anthropologie/635063.html
Auszug aus dem Modulblatt
Modul B.KAEE. 203
Amtliche Mitteilungen II der Georg-August-Universität Göttingen vom 17.10.2019/Nr. 24
Georg-August-Universität Göttingen
Modul B.KAEE.203: Praxis des ethnographischen Films für Kultur- und
Sozialwissenschaftler*innen
10 C/ 12 SWS
Lernziele/Kompetenzen:
Einführung in Theorie und Praxis des ethnographischen Films. Auf der Grundlage paradigmatischer Texte zum Thema werden filmsprachliche Elemente und die Besonderheiten der ethnographischen Aufnahmesituation diskutiert. Ziel ist es, anhand der Herstellung eines kleinen Films über ein lokales Thema die methodischen Grundlagen theoretisch zu erarbeiten, praktisch umzusetzen und später in einem schriftlichen Bericht zu reflektieren. Neben der so erworbenen Methodenkompetenz vermittelt dieses als Summer School konzipierte Modul vor allem Sozial- und Selbstkompetenz aufgrund des team- und projektorientierten Arbeitens in Werkstattatmosphäre.
Arbeitsaufwand:
Präsenzzeit: 168 Stunden
Selbststudium: 132 Stunden
Lehrveranstaltungen:
1. Vorbereitende Lektüre im Selbststudium
2. Übung: Summer School - "Theorie und Praxis des ethnographischen Films" (3 Wochen inklusive Wochenenden; ca. 8 Stunden täglich)
Prüfung:
Abschlussbericht (max. 15 Seiten), unbenotet
Prüfungsvorleistungen: Regelmäßige Teilnahme an der Lehrveranstaltung sowie Erstellung eines kleinen Films zu einem lokalen Thema
Prüfungsanforderungen:
Die Studierenden weisen nach, dass sie sich die methodischen und theoretischen Grundlagen ethnographischer Filmarbeit erarbeitet haben und darauf aufbauend einen kleinen Film zu einem lokalen Thema konzipieren und realisieren können und diesen Prozess in einem schriftlichen Bericht reflektieren.
Sprache: Deutsch