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Lebensphase Pflege von pflegebedürftigen Angehörigen

Immer mehr (vor allem weibliche) Berufstätige stehen vor der Herausforderung, Arbeit und Pflege in Einklang bringen zu müssen. In der Mitarbeiterbefragung der Universität 2010-14 hatte fast jede zehnte Person an der Universität mit der Organisation einer Pflegesituation bzw. der Pflege einer nahestehenden Person zu tun.
Beschäftigte können zwar eine Freistellung oder Arbeitszeitreduzierung ohne Entgeltfortzahlung in Anspruch nehmen, die Finanzierung des eigenen Lebensunterhalts und ggf. Karriereambitionen werden dann aber häufig zum Problem. Zudem sind Beschäftigte mitunter mit hohen Mobilitätsanforderungen konfrontiert, wenn die Pflege ihrer Familienmitglieder ggf. über eine große Entfernung hinweg organisiert werden muss.
Für die Vereinbarkeit von Pflegeaufgaben und Berufstätigkeit sind dementsprechend Möglichkeiten der flexiblen Gestaltung von Arbeitszeit und Arbeitsort besonders relevant. Auch eine Arbeitskultur, in der offen mit der Mehrfachbelastung durch Pflegeaufgaben umgegangen werden kann, kann entlastend wirken.

Pflegezeitgesetz
Um bei einem unerwartet eintretenden Pflegefall die pflegerische Versorgung eines nahen Angehörigen sicher zu stellen oder die Pflege zu organisieren, können Mitarbeitende von heute auf morgen für bis zu 10 Tage (ohne Entgelt, ggf. Erhalt von 90 % des Nettolohns über Pflegeversicherung des Angehörigen) der Arbeit fernbleiben. Weiterlesen...

Familienpflegezeitgesetz
Beschäftigte (auch Beamt*innen) haben im Rahmen des Familienpflegezeitgesetzes den Anspruch, ihre Arbeitszeit bis zu 24 Monate auf bis zu 15 Stunden pro Woche (im Durchschnitt eines Jahres) zu reduzieren, um Angehörige in häuslicher Umgebung zu pflegen. Weiterlesen...

Familienpflegezeit für Beamt*innen
Beamt*innen können für die Pflege einer nahen (minderjährigen) Angehörigen oder eines nahen (minderjährigen) Angehörigen auf Antrag Teilzeitbeschäftigung als Familienpflegezeit bewilligt bekommen, soweit zwingende dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Weiterlesen...

Informationen zu weiteren Möglichkeiten

  • Arbeitsbefreiung für Tarifbeschäftigte
    Angestellte können bei einer schweren Erkrankung einer*s Angehörigen, der*die im selben Haushalt lebt, eine kurzfristige Arbeitsbefreiung von einem Tag pro Jahr unter Fortzahlung des Entgelts beantragen (nach § 28 TV-L).
    Ansprechperson ist die*der zuständige Sachbearbeiter*in der Personalabteilung.
  • Sonderurlaub für Beamt*innen
    Zur Begleitung von nahen Angehörigen bei schwerer Erkrankung oder zur Organisation und Sicherstellung akuter erforderlicher Pflege kann Sonderurlaub (bis zu 10 Tagen unter Weitergewährung der Bezüge) gewährt werden.
    Ansprechperson ist die*der zuständige Sachbearbeiter*in der Personalabteilung.
  • Beurlaubung
    Sowohl Tarifbeschäftigte (mit Zustimmung der vorgesetzten Person) als auch Beamt*innen können sich aufgrund der Pflege von Angehörigen beurlauben lassen (ohne Gehalt/ Bezüge).
  • Qualifikationsphase und Pflege
    Für wissenschaftliche Mitarbeitende, die nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG befristet be-schäftigt sind, verlängert sich der Arbeitsvertrag um die Zeiten einer Beurlaubung oder Ermäßigung der Arbeitszeit um mind. 1/5 der regelmäßigen Arbeitszeit wegen der Betreuung einer*s pflegebedürftigen Angehörigen. Die Verlängerung wird für längstens 2 Jahre gewährt.
    Für verbeamtetes wissenschaftliches Personal besteht ebenso die Möglichkeit das Beamtenverhältnis auf Zeit entsprechend der Teilzeit nach den Regelungen des NHG zu verlängern.
  • Reduzierung der Arbeitszeit
    Neben den Möglichkeiten der Reduzierung der Arbeitszeit nach dem Pflege- und Familienpflegezeitgesetz können sowohl wissenschaftliche Mitarbeiter*innen als auch MTV-Mitarbeiter*innen weitere Teilzeitoptionen nutzen. Hierzu berät die/der zuständige Personalsachbearbeiter*in.


Handlungsempfehlungen Pflege

  • Bieten Sie die Möglichkeit der längerfristigen Telearbeit an, sofern dies gewünscht und möglich ist und die Aufgaben es zulassen. Auch eine kurzfristige Verlegung des Arbeitsortes an den Ort der Pflege kann gerade bei einer akut eingetretenen Situation eine große Entlastung für Ihre*n Mitarbeitende*n sein. Versuchen Sie in diesem Zusammenhang Ihrem Team bewusst zu machen, dass nicht die Präsenz eines*r Mitarbeiter*in für die Qualität der Arbeit steht, sondern das Ergebnis.
  • Bieten Sie dem*der betroffenen Mitarbeitenden ein vertrauliches Gespräch an und erörtern Sie mögliche Vereinbarkeitslösungen bzw. Maßnahmen am Arbeitsplatz. Hierzu können Sie sich bei der Personalabteilung und beim FamilienService informieren.
    Weisen Sie auf das Präventionsprogramm für Pflegende Angehörige des FamilienService hin und ermöglichen Sie die Teilnahme, indem Sie die*den Mitarbeiter*in dafür von der Arbeit freistellen.
  • Empfehlen Sie dem*der betroffenen Mitarbeitenden sich gezielt Beratung und Unterstützung zu holen.
    Neben universitätsinternen Beratungsmöglichkeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege (FamilienService, Personalabteilung, ggf. Gleichstellungsbeauftrage oder -teams) stehen für Fragen zur Organisation der Pflegesituation, zu rechtlichen und finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten unabhängige Beratungsstellen wie der Senioren- und Pflegestützpunkt der Stadt Göttingen bzw. des Landkreises Göttingen sowie das Pflegetelefon des BMFSFJ zur Verfügung.
    Die auf das Bundesgebiet verteilten Pflegestützpunkte sind jeweils für bestimmte Städte/ Kommunen zuständig. Erste Anlaufstelle ist immer der Pflegestützpunkt am Wohnort der zu pflegenden Person.