Promotionen


  • Charlotte Prauß
    Wissen unterwegs – Oder: Wie das Koloniale an die Universität Göttingen kam (1880er bis 1930er Jahre)

    Weiterführung der Promotion an der Justus-Liebig Universität Gießen
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Bettina Brockmeyer; Zweitbetreuung: Prof. Dr. Ulrike Lindner (Universität zu Köln)

    Dass Universitäten eine überaus wichtige Rolle in der deutschen Kolonialgeschichte spielten, ist soweit Forschungskonsens. Denn mit der Katalogisierung, Klassifizierung und Auswertung, der im Außereuropäischen unter (meist) gewalthaften Bedingungen gesammelten Naturalia, Ethnologica, Zoologica, Botanica, anthropometrischen oder geographischen und klimatischen Datenreihen oder der human remains etablierten sich neue (Teil-)Disziplinen an Universitäten, wie die „Orientalistik“, Kolonialgeographie und -botanik oder Missionswissenschaft. Gleichzeitig verhalfen die scheinbar neuen „Entdeckungen“ europäischen Forscher:innen zur wissenschaftlichen Anerkennung.
    Im Mittelpunkt des Forschungsprojektes stehen vier solcher „Experten“, die um 1900 in den Kolonien oder über die Kolonien forschten und jenes Wissen an der Göttinger Universität verarbeiteten. Mit dem erstellten Wissen legitimierten und unterstützten sie einerseits das koloniale Projekt. Andererseits bot das Wissen aus den Kolonien den Forschern einen Raum, in dem sie sich wissenschaftlich profilieren konnten. Anhand der vier Biographien soll dargestellt werden, welches Wissen an die Universität Göttingen kam und welches nicht, welches dort bearbeitet und welches verschwiegen wurde und inwiefern jenes Wissen Auswirkung auf die Ausdifferenzierung der unterschiedlichen Disziplinen hatte. Nicht zuletzt wird gefragt: Wie involviert war die Göttinger Universität in das koloniale Projekt? Die Dissertation will am Beispiel der Georgia Augusta auf das koloniale Erbe der Universitäten aufmerksam machen und danach fragen, inwiefern dieses schwierige Erbe (europäische) Wissenschaft bis heute mitbestimmt.


  • Albert Feierabend
    Dolmetscher, Diplomaten und Schutzherren. Afrikanische Akteure auf frühkolonialen Expeditionen in Nord- und Westafrika

    Weiterführung der Promotion am Forschungskolleg Transkulturelle Studien/Sammlung Perthes der Universität Erfurt
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Iris Schröder

    Wenn europäische Reisende im 19. Jahrhundert über ihre Expeditionen schrieben, stilisierten sie sich gerne zu ungebundenen Entscheidungsträgern, die eigenständig über die Geschicke ihrer Unternehmungen bestimmten. Dieses Bild gilt inzwischen als überholt. Stattdessen wird betont, dass der Verlauf von Expeditionen von einem komplexen Gefüge unterschiedlicher Beteiligter mit verschiedenen Motiven und Zielen bestimmt wurde. Im Mittelpunkt dieses Dissertationsprojekts stehen außereuropäische Akteure, die an deutschen Expeditionen nach Nord- und Westafrika in den 1850er bis 1870er Jahren beteiligt waren. Dabei werden ihre Motive, Praktiken und ihr Einfluss auf die europäischen Unternehmungen analysiert. Gleichzeitig wird auch danach gefragt, wie die Lebenswelten dieser afrikanischen Akteure durch den Austausch mit Europäern verändert wurden. Die Arbeit will einen Beitrag zu einem neuen Verständnis von Expeditionen leisten: eines, das außereuropäische Akteure und Strukturen nicht als bloßes Objekt europäischen Handelns betrachtet, sondern das die Bedeutung von Austausch und wechselseitiger Beeinflussung – wie gleich oder ungleich dies auch immer zu gewichten ist – berücksichtigt.


  • Johanna Strunge
    Kolonialen Konsum ausstellen? Die Musealisierung ehemaliger Kolonialwarenläden seit den 1970er Jahren

    Debatten der letzten Jahrzehnte haben in vielen europäischen Ländern die eigene Kolonialvergangenheit ins Gedächtnis gerufen. Die Diskussion um die Provenienz ethnologischer Sammlungen in vielen Metropolen und das neu entstehende Humboldt Forumin Berlin haben dabei auch das Museum in den Fokus der Diskussion gerückt und die Frage nach post-kolonialen Kontinuitäten von musealen Räumen gestellt. Das Promotionsprojekt setzt hier an und geht der Frage von post-kolonialen Kontinuitäten in Museen anhand des Fallbeispiels deutscher Hafenstädte nach. Durch ihre Rolle im globalen Handel wurden diese oft zu Knotenpunkten im deutschen Kolonialismus und verfügen bis heute über eine Vielzahl an Museen, die koloniale Sammlungen bewahren und kolonialgeschichtliche Themen ausstellen. In historischer Rückschau wird die Vorgeschichte des seit einigen Jahren einsetzenden Umbruchs und Umdenkens in der Museumslandschaft untersucht und hierbeigefragt, wie sich das Wissen über die koloniale Vergangenheit seit den 1970er Jahren wandelte. Das Projekt soll Aufschluss darüber geben, wie sich dieser Wandel in Museumsausstellungen niederschlug und inwiefern dieser Wandel selbst Impulse aus Museumsräumen erfuhr.


  • Niklas Pelizäus
    Mit dem Phonographen in den Kolonien. Sammler außereuropäischer Musik und die Entstehung musikethnologischen Wissens im Deutschen Kaiserreich

    Das Dissertationsprojekt betrachtet die Aufnahme und Sammlung musikethnologischer Phonogramme als integralen Bestandteil musikethnologischer Wissensproduktion zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Ein beträchtlicher Teil der zwischen 1900 und 1914 im Berliner Phonogrammarchiv zusammengetragenen und von den dortigen Vertretern der sich etablierenden Disziplin der Vergleichenden Musikwissenschaft untersuchten ethnographischen Tonaufnahmen entstammt der Tätigkeit verschiedener Kontaktleute in den deutschen Kolonien. Welchen Einfluss gerade die Sammlungspraxis dieser Akteure außerhalb der Disziplin gegenüber der reinen Auswertung der Phonogramme aus der Armchair-Perspektive auf das entstehende Wissen hatte, soll herausgearbeitet werden. Hierbei wird auch die Vermittlung zwischen den Wissenschaftlern in Deutschland und den Sammlern vor Ort – zwischen den Paradigmen der Disziplin und der Expertise «im Feld» – im Vordergrund stehen. Die Generierung von Wissen soll für die Vergleichende Musikwissenschaft bzw. Musikethnologie somit verstärkt als sozialer und kommunikativer Prozess in einem globalen Kontext verstanden werden, der unter speziellen technischen, theoretischen sowie medialen Voraussetzungen und Problemstellungen ablief.


  • Michael Guericke
    Zoologisches und botanisches Sammeln während der Lübecker Pangwe-Expedition (1907–1909) im heutigen Kamerun, Äquatorialguinea und Gabun

    Erstbetreuung: PD Dr. Richard Hölzl; Zweitbetreuung: Prof. Dr. Iris Schröder

    Die Lübecker Pangwe-Expedition ist vor allem für ihre ethnographische Sammlung zu der damals als „Pangwe“ bezeichneten ethnischen Gruppe (heutige Fang) bekannt, die zwischen 1907 und 1909 in dem Gebiet des heutigen Kameruns, Äquatorialguineas und Gabuns im Auftrag des damaligen Museum für Völkerkunde zu Lübeck zusammengetragen wurde. Wenig bekannt ist, dass die Expedition mit Unterstützung des Botanischen und Zoologischen Museums in Berlin stattfand und trotz des explizit ethnographischen Vorzeichens ausgesprochen umfangreiche naturkundliche Sammlungen hervorbrachte, die aufgrund ihrer Größe und systematischen Zusammenstellung zur damaligen Zeit als herausragend galten. Das Dissertationsprojekt geht anhand einer Untersuchung der Hinterlassenschaften des Lübecker Ethnologen, späteren Botanikers und Leiters der Pangwe-Expedition Günther Tessmann (1884–1969) sowie seines Begleiters Hans Jobelmann (1888–1909) der Frage nach, wie und zu welchen Bedingungen die naturkundlichen Sammlungen entstanden sind. Anhand einer mikrohistorischen Analyse des Sammelns, Konservierens und des Transfers der naturkundlichen Objekte sollen hierbei Aussagen über die Verflechtungs- und Vernetzungsgeschichte des so gewonnenen Wissens in einem globalen und kolonialen Kontext getroffenen werden.


  • Victoria Morick
    Krankheit als Wissensding. Visualisierungen und Materialisierungen von Syphilis im 19. und 20. Jahrhundert.
    Erstbetreuung: PD Dr. Richard Hölzl

    Kontakt

    Das Projekt „Krankheit als Wissensding“ untersucht die Bedeutung von visuellen und gegenständlichen Repräsentationen von Krankheiten im späten Deutschen Kaiserreich und der Weimarer Republik am Beispiel von Syphilis. Es geht der Frage nach, welche Rolle die Visualisierungen und Materialisierungen der Krankheit bei der Wissenskonstruktion in wissenschaftlichen Diskursen und öffentlichen Debatten spielten. Die zeitgenössische Wahrnehmung von Syphilis wandelte sich um die Jahrhundertwende von einer verschwiegenen, gesellschaftlich stigmatisierten „Lustseuche“ hin zu einer die „Volksgesundheit“ bedrohenden sowie öffentliche „Aufklärung“ benötigenden Krankheit. Visuelle und materielle Repräsentationen prägten dabei – so meine Ausgangsüberlegung – die Kommunikation über die Krankheit mit und entwickelten häufig eigene Wirkungen gegenüber schriftlichen Medien. Die bisher kaum oder nur vereinzelt untersuchten Repräsentationen bilden daher den Projektfokus. Es handelt sich dabei z.B. um fabrizierte Objekte, wie Wachsmodelle, objektisierte menschliche und tierische Gebeine sowie statische und bewegte Abbildungen, wie Fotografien in Zeitschriften oder Lehrwerken. Anhand dieser soll nachvollzogen werden, wie wissenschaftliche, politische und gesellschaftliche Akteur*innen um dominierendes Wissen rangen. Ziel ist es, den medialen Beitrag auf die Aushandlung von Wissen vor dem Hintergrund medizinischer Dynamiken, sich verändernder „sozial- und hygienepolitischer“ Ansichten, Transformationen des Gesundheitswesens und medialer Möglichkeiten auszuloten. Über den Einbezug materieller Kultur soll so zum Verständnis davon beigetragen werden, welche Konflikte, In- bzw. Exklusionsprozesse und Kommunikationsstrategien auf Krankheitsverständnisse wirken können.

    • seit 04/2022 Promotionsförderung durch die Studienstiftung des Deutschen Volkes (Dissertationsprojekt „Krankheit als Wissensding“)
    • 08/2021–08/2023 Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „Infection and Injustice. Narrative Responses to Pandemics“ am Institut für Ethik und Geschichte der Medizin der Universitätsmedizin Göttingen
    • 09/2015–08/2019 Studentische Hilfskraft am Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte, Georg-August-Universität Göttingen
    • 04/2013–08/2019 Studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Neuere Geschichte, Georg-August-Universität Göttingen
    • 04/2017–05/2020 Masterstudium der Geschichte und Englisch, Georg-August-Universität Göttingen
    • 10/2015–02/2017 Bachelorstudium der Geschichte und Englisch, Georg-August-Universität Göttingen
    • 01/2013–03/2014 Studentische Hilfskraft am DFG-Graduiertenkolleg Generationengeschichte, Göttingen
    • 10/2012–09/2015 Bachelorstudium der Geschichte und Politik, Georg-August-Universität Göttingen und University of York


    • (2023) At the Intersection of Individual and Disease. A Sensitive Syphilis Moulage from the Collection of the Department of Dermatology in Göttingen, in: Allemeyer, Marie Luisa/Baur, Joachim/Vogel, Christian (Hg.): Space of Knowledge. The Core Exhibition at Forum Wissen, Göttingen 2023, S. 264–267.
    • (2023) Rezension zu: Hendrik Eßler, Krankheit gestalten. Eine Berufsgeschichte der Moulagenbildnerei, in: VIRUS. Beiträge zur Sozialgeschichte der Medizin 22 (2023), S. 257–259, URL: https://verlag.oeaw.ac.at/api/download/content/9783700195795_kapitel_257_259.pdf
    • (2023) Blogbeitrag: Wie prägen Bilder von Geschlechtskrankheiten unser Wissen? In: Blog des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin an der Universitätsmedizin Göttingen, 23.03.2023, URL: http://egmblog.uni-goettingen.de/2023/03/23/wie-pragen-bilder-von-geschlechtskrankheiten-unser-wissen/
    • (2023) Tagungsbericht: Verboten, Verrucht, Verpönt. Deviance, Crime and the Illicit in Global German History, in: HSozKult, 18.01.2023, URL: https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-132871
    • (2022) Zwischen Individuum und Krankheit. Eine sensible Syphilismoulage aus der Sammlung der Göttinger Hautklinik, in: Marie Luisa Allemeyer, Joachim Baur, Christian Vogel (Hg.), Räume des Wissens. Die Basisausstellung im Forum Wissen Göttingen, Göttingen, S. 264–267.


    • (04/2024) Syphilis als Instrument der Ausgrenzung? Die Marginalisierung weiblicher Berufsgruppen und ihrer Körper zwischen 1900 und 1930, 41. Stuttgarter Fortbildungsseminar „Marginalisierung und Medizin in historischer Perspektive“.
    • (09/2023) Unterm Objekt zum Objektiv? Tiere und ihre Repräsentationen in der Syphilisforschung im frühen 20. Jahrhundert, Tagung Mensch-Tier-Gesundheit. Zur Kultur- und Sozialgeschichte der Mensch-Tier-Beziehungen in der Medizin, Wien.
    • (09/2023) Visually Constructing an (Imminent) Crisis: Depictions in German Public Health Campaigns to Prevent Syphilis around World War I, EAHMH 2023 Conference.
    • (06/2023) Participating in Knowledge Construction – Visual and Material Representations of the Disease Syphilis (1880s–1930s), Summer School “Tracing Never-ending Diseases. New Trends in Medical, Material and Audiovisual History”, Genf.
    • (05/2023) Vom Labor auf den Jahrmarkt? Syphilis in ‚Wissensdingen‘ zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit (ca. 1880er–1930er), Neuzeitliches Forschungskolloquium Universität Kassel.
    • (05/2023) Visuelle und materielle „Erkenntnisgegenstände“? Von der Affen- und Kaninchensyphilis in der medizinischen Forschung zwischen 1880 und 1930, Forschungskolloquium für Neuere Geschichte, Georg-August-Universität Göttingen.
    • (10/2022) Wissensdinge zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit. Visualisierungen und Materialisierungen der Geschlechtskrankheit Syphilis um 1900, Doktorandenkolloquium am Institut für Medizingeschichte und Wissenschaftsforschung der Universität zu Lübeck.
    • (05/2022) Fluide Materialitäten, fluide Kontexte, fluides Wissen? „Fabrikationen“ von Syphilis zwischen Forschung, Lehre und Vermittlung um 1900, Forschungskolloquium für Neuere Geschichte, Georg-August-Universität Göttingen.
    • (05/2022) Von wächsernen Wissensdingen. Syphilismoulagen um 1900 zwischen Forschung, Lehre und Vermittlung, Journal Club, Institut für Ethik und Geschichte der Medizin der Universitätsmedizin Göttingen.
    • (04/2022) “Fighting” an infectious disease with visualizations: How syphilis was depicted and narrated in the public sphere during the early 20th century, Internationaler Workshop „Narrating Pandemics: Transdisciplinary Approaches to Representations of Communicable Disease”, Brandenburg/Havel.
    • (11/2021) Krankheit in Objektform? Visualisierungen und Materialisierungen in den Narrativen zur „Bekämpfung“ von Syphilis im frühen 20. Jahrhundert, Internationaler Workshop „Infection and Injustice. Narrative Responses to Pandemics – Transdisciplinary Perspectives“, Fulda.
    • (10/2021) Depicting Disease. The Negotiation of Knowledge about Syphilis in the German Public Sphere in the 19th and 20th Century, Vortrag im Rahmen der Reihe “Science, Knowledge and Politics in German History” (online), German History Research Group Cambridge.
    • (05/2021) Krankheit als Wissensding. Visualisierungen und Materialisierungen von Syphilis im 19. und 20. Jahrhundert, Forschungskolloquium für Neuere Geschichte, Georg-August-Universität Göttingen.
    • (01/2021) Krankheit als Wissensding. Visualisierungen und Materialisierungen von Syphilis im 19. und 20. Jahrhundert, Forschungskolloquium des kunstgeschichtlichen Seminars, Georg-August-Universität Göttingen.
    • (07/2019) Visualisierungen des ‚Anormalen‘. Fotografien in Emil Kraepelins Lehrwerk für Psychiatrie (1883–1927), Forschungskolloquium für Neuere Geschichte, Georg-August-Universität Göttingen.



  • Charles Koussou Kodjovi
    German Colonists of Togoland in French or British Captivity during the First World War (1914-1919)

    Promoviert im Cotutelle Verfahren an der Georg-August-Universität Göttingen
    Erstbetreuung: Éric Vial (CY Cergy Paris Université); Zweitbetreuung: PD Dr. Carolin Kosuch

    In the early hours of August 27, 1914, the German colony Togoland fell to British and French forces. This was the first victory of the Allies since the First World War began one month earlier. Charles Koussou Kodjovi's research aims to answer the following question: What was the fate of the Germans civilians and combatants captured in Togoland in 1914? The thesis purposes to retrace the trajectories or itineraries of captivity of the defeated colonists, while presenting their daily experiences in various internment camps in West or North Africa, in France or England, before their repatriation to Germany. For most of them, the men in this case, it was five years of detention which were not lacking in situations and events that took place inside the camps, but also outside the detention centres, which however influenced the living conditions of the prisoners.